: Faustrecht des HipHop
■ Klartext gegen Rassismus: „No Remorze“, Rapper und DJs aus Bremerhaven
“Hardcore, Baby...“ Mit den Gute-Laune-Grooves des germanisierten HipHop-Mainstream haben die Musiker von „No Remorze“ jedenfalls nichts an der Kappe. Harte Beats, harte Breaks, und klare Worte: „Für uns zählt der Mensch und nicht, welcher Rasse er angehört.“ No Remorze aus Bremerhaven gehören zu den wenigen Bands, die den politischen Anspruch des HipHop - so, wie er in den US-Großstädten einmal formuliert wurde — auf die deutschen Verhältnisse übertragen wollen. Und das gibt Ärger: Wegen ihrer anti-rassistischen Texte werden die Musiker von Rechtsaußen angemacht — DJ Style Warz erzählt von Morddrohungen am Telefon.
„Man erlebt sowas ja täglich“, sagt DJ Kaos über die rassistische Anmache. Gerade in einer kleineren Stadt wie Bremerhaven, wo „jeder jeden kennt“, bekämen sie mit ihren Klartext gegen Rassismus den Druck der Rechten zu spüren. „Vieles läuft unterschwellig ab“, sagt Style Warz — aber vieles auch direkt. Und die örtliche Polizei hat die Jungs auch noch auf dem Kieker. Rapper und Texter Crak, dessen Familie aus dem türkischen Teil Kurdistans stammt, besingt in „Dark Malice“ eine Polizeiaktion gegen ihn und seinen Kumpel Eaze — das Ende: „YOU KNOW, I AM THE GERMANS ENEMY“; Haß gegen Haß.
Mit Zeilen wie „STAND UP, FIST IN THE AIR!“ und „ALL FASCISTS MUST BURN“, im MG-Rhythmus gnadenlos heruntergerattert, macht die Band sich natürlich nicht nur Freunde. Und sie macht klar, daß sie auch in der Frage nach Gewalt gegen Rechts
Im HipHop-Untergrund: Style Warz, Crak & Kaos.
im Zweifelsfall nicht zimperlich ist. Vor allem aber sollen die heftigen Grooves und Statements „die Leute zum auchwachen bringen“, sagt Kaos. „Die wollen diese rechte Entwicklung ja nicht wahrhaben, gehen lieber am Deich spazieren statt mal nachzudenken.“
Genau deshalb engagierte der Hamburger HipHop-Promoter Ale die Ban auch für den inzwischen legendären Sampler „Kill The Nation With A Groove“. Die Scheibe stellt praktisch das Manifest des deutschen HipHop-Undergrounds dar; hier erschien unter anderem „Fremd
hierhin die drei Kapuzenmänner
im eigenen Land“ von Advanced Chemistry, die inzwischen zu Vorreitern eines politisch engagierten HipHop in Deutschland geworden sind. Die Heidelberger Crew setzen sich konkret für die doppelte Staatsbürgerschaft und für Anti-Diskriminiserungs- Gesetze nach britischem Modell ein.
Sich überhaupt so dezidiert und differenziert mit Politik auseinanderzusetzen — das funktioniert derzeit eben nur im HipHop, sagt Rapper Crak. Die kurzen Strofen und Tralala-Refrains des Pop erscheinen ihm da denkbar ungeeignet. Denn
„rap“, das heißt wörtlich übersetzt immer noch: schnattern, plappern — sich auslassen. Und dafür nimmt sich Crak alle Zeit. So handfest wie bei Advanced Chemistry sind die Äußerungen von No Remorze allerdings nicht. Der Anspruch, „die tatsächlichen Lebensumstände“ zu schildern, verliert sich oft im Globalen. Dann geht es um die politische Verfassung im Allgemeinen und die Ungerechtigkeiten des Lebens im Besonderen. Aber, wie Style Warz sagt, „von der großen Politik kommt die ganze Scheiße ja auch her.“ tom
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen