: Kein Herz für tolle Tonnen und Module
■ Stadtreinigung will von Recycling- und High-Tech-Behältern nichts wissen Von Marco Carini
Es klang alles so schön zukunftsweisend. Als im Mai vergangenen Jahres in Bargteheide die neue Kunststoffrecycling-Anlage der Firma KRB eingeweiht wurde, sang deren Gesellschafter Bernd Heinrich Schriever das Hohelied von den sieben Leben einer Mülltonne. Ausgediente Abfallbehälter aus Plastik könnten nun zu Granulat geschreddert werden, welches zu 100 Prozent zur Herstellung einer neuen Tonne verwendet werden kann. Rund sieben Mal könnte dieser Vorgang wiederholt werden; erst dann warte auf die Kunststofftonne der Verbrennungsofen.
Was Schriever nicht ahnte: Niemand will die tolle Tonne. In Schleswig-Holstein und Hamburg hat der Recycling-Behälter keine Chance. Im nördlichsten Bundesland wird er nach dpa-Informationen bislang in keiner einzigen Kommune eingesetzt. KRB-Geschäftsführerin Ilona Wilske gibt zu: „Alle wollen ihre Tonnen bei uns umweltfreundlich entsorgen, doch das anfallende Granulat werden wir nicht los“.
Marita Greben, Vertriebsleiterin beim bundesweit größten Anbieter von Recycling-Tonnen im niedersächsischen Oldenburg macht dafür den fehlenden Informationsstand der Gemeinden verantwortlich: „Die wissen nicht, daß Recycling-Tonnen genauso gut sind wie neue Behälter“.
Dem widerspricht Behrend Krüger, Chef der Hamburger Stadtreinigung: „Die Recycling-Tonne ist qualitativ schlechter und fühlbar teurer als eine Neu-Tonne“. So kostet der 60-Liter-Behälter aus Altplastik mit 71 Mark neun Märker mehr als ein herkömmlicher Kübel. Im vergangenen November orderte die Stadtreinigung lediglich 100 dieser Gefäße, um ihre Haltbarkeit zu testen. Krüger: „Anfang 1995 werden wir dann entscheiden, ob wir nur noch Mülltonnen einkaufen, die einen bestimmten Anteil an Recyclat enthalten“.
Auch einer anderen Tonnen-Idee steht der Stadtreinigungs-Boss skeptisch gegenüber: Dem Abfallbehälter mit eingeschweißtem Elektro-Modul. Über dieses Modul erhält jedes Müllgefäß eine elektronisch lesbare Kennummer. Ein am Müllfahrzeug angebrachtes Erkennungsgerät leitet die Behälterdaten an einem im Fahrzeugcockpit untergebrachten Mini-Computer weiter. So erhält die Müllabfuhr genaue Informationen, welcher Haushalt wieviel Abfall produziert und kann die Gebühren danach staffeln.
Bremen hat bereits über 20.000 der High-Tech-Tonnen bestellt, Cuxhaven zieht jetzt nach. Bernd Pigors von den Bremer-Entsorgungs-Betrieben: „Wir messen zwar nicht, wieviel Kilo Müll in der Tonne ist, dafür aber, wie oft sie an den Straßenrand gestellt wird.“ Muß der Behälter nur jede zweite Woche gelehrt werden, zahlt der Haushalt nur die halben Gebühren. Pigors: „Wir wollen die Bürger so zur Abfallvermeidung erziehen“.
Hamburg hingegen hat an der Computer-Tonne zur Zeit kein Interesse. Stadtreinigungs-Chef Krüger „will die Ergebnisse des Bremer Versuchs abwarten“, bevor er sich zum Modul-Modell äußert. Doch schon heute warnt er davor, daß sparwütige BürgerInnen die eigene Tonne und damit ihr Portemonnaie dadurch entlasten könnten, daß sie einfach in Nachbars Tonne oder die gelben Wertstoffsäcke müllen. Krüger: „Das System setzt den abschließbaren Müllbehälter voraus“.
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