: Geschäfte eines Karatekämpfers
■ Zweiter Verhandlungstag im Prozeß um den Mord an Dieter Jagdmann ("Chinesen-Kalle"): Der Angeklagte bestreitet weiterhin Mord und Betrug / Er sei an den Geschäften Jagdmanns beteiligt gewesen
Der frühere Vertraute des erschossenen Dieter Jagdmann („Chinesen-Kalle“) blieb auch am gestrigen zweiten Verhandlungstag dabei: Mit dem Mord an dem 45jährigen Deutsch-Chinesen am 16. September vergangenen Jahres im Düppeler Forst habe er nichts zu tun.
Schulden bei Jagdmann, so der angeklagte 43jährige Sozialpädagoge, habe er nicht gehabt. Vielmehr sei er an den einträglichen Geschäften des stadtbekannten Karatekämpfers beteiligt gewesen. Er habe rund eine Million Mark als Rücklagen und dazu eine Rolex- Uhr im Wert von 250.000 Mark gehabt.
Jagdmann und er, so der Angeklagte, hätten einträgliche Gold- Geschäfte und einen Zigaretten- Deal im Wert von 250.000 Mark geplant. An jenem Septembertag sei Jagdmann nach einem gemeinsamen Essen in einem Wannseer Lokal in einen fremden Mercedes gestiegen. Danach habe er ihn nicht mehr gesehen.
Die Verteidigung schließt nicht aus, daß die Mörder von „Chinesen-Kalle“ unter jenen Personen zu finden sind, denen Jagdmann Geld geliehen hat. Nach Angaben des Angeklagten gab „Kalle“ Darlehen mit Wucherzinsen an Personen, die anderswo kein Geld mehr bekamen.
„Chinesen-Kalle“ – auch bekannt als Leibwächter des früheren Landesvorsitzenden der rechtsradikalen Republikaner – hatte offenbar auch Feinde im Berliner Rotlichtmilieu. So wurde er bei einer Boxveranstaltung im Sommer 1989 brutal zusammengeschlagen. Gegen Zahlung eines Schmerzensgeldes erklärte sich Jagdmann nach Aussage des Angeklagten doch bereit, nicht vor Gericht auszusagen.
Mit einem Betrug an der Chefin des Charlottenburger Restaurants „Fioretto“ will der Sozialpädagoge ebenfalls nichts zu tun gehabt haben. Die Geschäftsfrau sei wegen einer hoch verzinslichen Geldanlage bei einem Liechtensteiner Geldinstitut auf Vermittlung Jagdmanns an ihn herangetreten. Sie habe aber nur einen Teil der vereinbarten Summe eingezahlt und bereits vor Ablauf der Fälligkeit eigenmächtig Gelder abheben wollen. Weil sie sich nicht an die Verträge gehalten habe, sei „Kalle“ sauer gewesen, so daß das Geld bisher nicht zurückgezahlt worden sei.
Die Lokalchefin habe ihm, dem Angeklagten, sogar einen angeblichen Polizisten auf den Hals geschickt. Von diesem seien ihm Schüsse ins Knie angedroht worden, falls die Gelder nicht zurückfließen. Auf Rat von Jagdmann habe er sich an die Staatsanwaltschaft gewendet.
Der Prozeß wird am Mittwoch fortgesetzt. dpa
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