: Monopol im Schacht
■ Kartellamt prüft Zulässigkeit der Kalifusion / Gesamtbetriebsrat gegen den Hungerstreik in Bischofferode
Berlin/Erfurt (dpa/taz) – Die Betriebsräte der besetzten Kaligrube haben schon vor zwei Wochen eine brisante Nachricht aus Bonn nach Hause gebracht. „Kein Privatunternehmer kriegt dieses Ding gegen die BASF durch“, habe dort in der Lobby ein Treuhandvertreter der Delegation aus Bischofferode gesagt. Seither wundern sich die Kumpel immer weniger, warum der Vertrag nicht eingesehen werden darf, der die Fusion zwischen der Mitteldeutschen Kali AG und der BASF-Tochter Kali und Salz besiegelt hat: Der Ludwigshafener Konzern hat sich sein tatsächliches Kali-Monopol auch noch vertraglich absichern lassen. So zumindest der Verdacht, den bisher keine Erklärung der Treuhand aus der Welt schaffen konnte. Beamte des Bundeskartellamtes sitzen zur Zeit an ihrer Stellungnahme für die EG-Kommission, die in der kommenden Woche über die Zulässigkeit der deutschen Kali-Fusion entscheiden wird. Fachleute bezweifeln, daß Brüssel dafür zuständig ist: das Problem sei kein internationales, sondern hausgemacht.
Nach Informationen des Handelsblattes dürfte eine sogenannte Konkurrenzausschlußklausel in dem Fusionspapier den Berliner Wettbewerbshütern besonders arge Kopfschmerzen bereiten. Sie vermuten, daß sich auch deswegen Bundesfinanzminister Waigel den Forderungen der Kali-Kumpel nach Einsicht in der Vertrag bislang verschlossen hat.
Offenbar, so bestätigt inzwischen auch der Treuhandsprecher Wolf Schöde, haben die Vertragspartner vereinbart, daß keine Geschäfte mit Dritten abgeschlossen werden, die das der Fusion zugrundeliegende Wirtschafts- und Unternehmenskonzept stören. Die Klausel besagt nach dieser Interpretation, daß das neue Unternehmen sich nicht nach günstigeren Kalilieferanten umsehen darf, wenn dadurch ostdeutsche Gruben geschlossen werden müßten. Das Wettbewerbsverbot sei daher, so Schöde, zum Schutz der ostdeutschen Kaliwerke erforderlich gewesen. Den streikenden Kumpels fehlt der rechte Glaube an diese Theorie. Die Konkurrenzklausel hat in ihren Augen schon jetzt, bevor der Vertrag rechtskräftig ist, den Unternehmer Peine aus dem Rennen geworfen. Der Mittelständler wollte – mit den ohnehin fest zugesagten Treuhandsubventionen von über einer Milliarde Mark – Bischofferode weiterbetreiben.
An dieser Einzellösung hatte aber auch der Gesamtbetriebsrat der Mitteldeutschen Kali AG kein Interesse. Er rief gestern noch einmal zum Abbruch des Hungerstreiks auf. 7.500 Arbeitsplätze seien durch die Fusion gesichert worden: „Wir sehen deshalb keine Alternative.“ Der Gesamtbetriebsrat fordert die Bischofferoder Kumpels auf, das Angebot sogenannter Ersatzarbeitsplätze anzunehmen. Nach einem Vorschlag der zu diesem Zweck gegründeten Beschäftigungsgesellschaft könnte „verarbeitendes Gewerbe“ in der Thomas-Müntzer-Grube angesiedelt werden. Die Grünen in Rheinland-Pfalz spekulieren in eine andere Richtung. Ihrer Meinung nach habe die BASF das Werk Bischofferode vor allem deswegen stillegen wollen, weil die Chemiefirma dringend Platz braucht für ihren Sondermüll. Filterstäube und Schlacke aus Müllverbrennungsanlagen könnten, so der Verdacht der Grünen, demnächst in den stillgelegten Schächten untergebracht werden. Derartige Pläne scheiterten jedoch schon zu Zeiten der DDR, nachdem ein Gutachten nachwies, daß Bischofferode für diese Nutzung besonders ungeeignet wäre. nh
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