■ Das Portrait: Amir Pasić
Zur großen Fete lädt ein: Dr.Amir Pasić z.Zt. Istambul. Ort der Lustbarkeit: Mostar, die ganze Altstadt. Zeit: 15. September 2004.
Amir Pasić ist Archtiekt, Stadtplaner und Kunsthistoriker. Seit einem Jahr lebt er mit Frau und Kindern im unfreiwilligen türkischen Exil. Mit seiner Einladung, die dieser Tage weltweit an alle möglichen Staatsleute und Kunstliebhaber verschickt wird, hat Pasić alles andere im Sinn als einen bitter-nostalgischen Scherz: Schon von Berufs wegen ist er Optimist und meint es ernst. Amir Pasić leitete in den 70er Jahren die Arbeiten zur Restauration der Altstadt von Mostar. Das sorgfältig, behutsam (und billig!) durchgeführte Projekt fand allgemeine Anerkennung. Pasić erhielt den Aga-Khan-Preis für Architektur.
Jetzt liegen die Objekte von Pasić‘ Fürsorge, die Moscheen, die Bazare, die Hamame, die Brücke über die Neretva aus dem 16.Jahrhundert, jetzt liegt auch Pasić‘ eigenes Haus in Trümmern. Mostar, im Mittelalter Zentrum eines Herzogtums und später Hauptstadt des südwestbosnischen Sandschak entwickelte sich nach 1945 zu einer modernen, multikulturellen und multi„ethnischen“ Gemeinde. Über die Hälfte der 120.000 Einwohner waren Muslime. Die jetzt Bosnien-Herzegowina aufgezwungene Teilung sieht Mostar als Hauptstadt des kroatischen Kleinstaats Herceg- Bosna vor. Die Vertreibung der Muslime ist im vollen Gang.
Die alte, jetzt zerstörte Brücke von Mostar Andrea Lobe
Amir Pasić weigert sich, die ethnische Trennung zu akzeptieren. „Wir haben in dieser Stadt 15 Generationen lang zusammengelebt. Jetzt kommen ein paar Idioten und wollen uns einreden, es ginge nicht mehr. Sie werden damit scheitern“. Pasić vergleicht den Erfahrungsraum der Menschen in Mostar mit einem kleinen, beengten Platz. „Verlasse diesen Platz und Du wirst neu zu lernen anfangen, Du wirst Deine Perspektive erweitern und überraschende, neue Möglichkeiten entdecken!“
Eben hat Pasić ein Werk über die islamische Architektur in Bosnien vollendet. Viele der 3.000 abgebildeten Bauten sind jetzt für immer verloren. Aber Amir Pasic versinkt nicht in Trauer. Er jagt Mäzenen nach und liegt den internationalen Stiftungen in den Ohren. „Wir sitzen auf dem Sprung, nach Mostar zurückzukehren und von vorn zu beginnen“. C.S.
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