: Kampf um die Kinder
■ Finanz- und Sozialressort im Streit um die bessere Kindergartenversorgung
Neunzig Prozent der 3- bis 6jährigen Kinder sollen ab 1995 einen Platz in einem Kindertagesheim bekommen, 15 % der Schulkinder sollen einen Hortplatz kriegen, 2.000 Kinder unter drei sollen ebenfalls versorgt werden. So sieht es jedenfalls die Koalitionsvereinbarung vor. Doch die Zahlen haben Konkurrenz bekommen, und zwar nach oben und nach unten: Mit einem neuen Bundesgesetz wird die Versorgung dieser Altersgruppe ab 1996 verbindlich auf 95 Prozent festgelegt, die „älternen“ Schulkinder sollen „bedarfsgerecht“ versorgt werden. Das steht im neuen „Schwangeren- und Familienhilfegesetz“.
Auf der anderen Seite hat der Bremer Finanzsenator Volker Kröning Bedenken. Er will die im Koalitionsvertrag festgesetzten Zahlen herunterrechnen. Sein Argument: Weil die Kinderzahlen im Jahr 2000 zurückgehen, wäre Bremen bei Einhaltung der Versorgungszahlen im Koalitionsvertrag überversorgt.
Kröning schielt dabei auf andere Städte. In Hamburg liegt, so argumentiert er, die Versorgung der drei- bis sechsjährigen bei 71 %, in Bremerhaven 73 %, in Hannover 77 %, in Kiel nur bei 41 %. Muß Bremen da so hoch rangehen bei seiner Versorgung? Doch die Vergleich hinken, heißt es dazu in der Sozialbehörde. Die Versorgungszahlen sagen nämlich nichts darüber aus, wieviel Kinder in den Gruppen sind, wieviel ErzieherInnen pro Kind dort arbeiten, wie lang die Betreuung dauert. Außerdem habe Bremen auch Kinderkrippen u.ä. in seiner Statistik, andere Städte hätten die privat organisierten Einrichtungen nicht in ihrem Bestand aufgeführt.
Das stärkste Gegenargument aus der Sozialbehörde: Wenn das Bundesgesetz kommt, ist Bremen ohnehin verpflichtet, seine Versorgungsquoten anzupassen, und zwar nicht nach unten, sondern nach oben. Da die geforderte 95% Versorgung bis dahin aber nicht zu schaffen sind, soll Bremen über eine Bundesratsinitiative das Inkraft-Treten des Gesetzes um zwei Jahre hinauszögern, die Versorgungsquote im Koalitionsvertrag soll aber eingehalten werden. Der Finanzsenator will das Gesetz sogar bis ins Jahr 2000 verschieben. Einigen müssen sich die Ressorts Anfang nächster Woche, wenn der Senat mit seinen Sparbündeln in Klausur geht. mad
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