: Anschlag auf Aids-Projekt
■ Moabiter Aids-Forum steht nach Brandanschlag vor dem Aus / Brennbare Flüssigkeit in den Briefschlitz gekippt
Nach einem Brandanschlag, bei dem keine Menschen zu Schaden kamen, steht der Verein Aids- Forum e.V. vor dem Aus. In der Nacht von Dienstag zu Mittwoch, gegen 22 Uhr, kippten bisher unbekannte Täter eine brennbare Flüssigkeit durch den Briefschlitz in die Räume des Vereins in der Moabiter Bredowstraße und legten Feuer. Die schnell herbeigerufenen Feuerwehr konnte das Feuer löschen, bevor größerer Schaden am Haus entstand, die Räume von Aids-Forum sind seitdem allerdings völlig verrußt und für die Arbeit des Projekts unbrauchbar geworden.
Vorstandsmitglied Robert Kröner schätzte gegenüber der taz den entstandenen Sachschaden auf etwa 15.000 Mark. Da der Verein nicht versichert ist, steht die Existenz von Aids-Forum in Frage. „Ohne Hilfe oder Spenden“, sagt Kröner, „können wir einpacken.“ Die Kriminalpolizei hat den Verantwortlichen von Aids-Forum keine großen Hoffnungen gemacht, daß der oder die Täter ermittelt werden können. Alles, was dem von der Gesundheitsverwaltung geförderten Verein erst einmal bleibt, ist, Kostenvoranschläge einzuholen und gezielt nach Unterstützung nachzufragen.
Seine Arbeit mußte der Verein erst einmal einstellen: In der Bredowstraße befanden sich sowohl die Büro- als auch die Gesellschaftsräume. Hier wurden ausländische Familien mit HIV-infizierten Mitgliedern betreut, infizierte Asylbewerber wurden bei Behördengängen begleitet und etwa bei ihrer Antragstellung unterstützt. Insbesondere diente die Geschäftsstelle der ersten Kontaktaufnahme von Infizierten untereinander, deshalb waren auch für Kinder Spielmöglichkeiten vorhanden.
Der Anschlag kam für das Projekt völlig überraschend, leicht hatte es der Verein aber auch vorher schon nicht: Nach Angaben von Robert Kröner hätte Aids- Forum vor etwa einem halben Jahr durch Plakate an der Fensterfront deutlich gemacht, daß mit HIV-infizierten Kindern und Familien gearbeitet wird. Seitdem hätten auch die Querelen mit Anwohnern deutlich zugenommen. Besonders die Kinder seien immer wieder angepöbelt worden.
Dabei soll sich ein Mann, der im gleichen Haus wohnt, besonders hervorgetan haben. Nach Angaben von Robert Kröner verbot er den Kindern, seinen Hund zu streicheln, damit dieser sich nicht anstecke. Dabei habe er sie mit den Worten „Haut ab, aidskrankes Pack!“ beschimpft und dieses auch wiederholt, als einmal ein Fernsehteam die Kinder gefilmt hätte. Genau dieser Mann habe auch das Feuer entdeckt und die Feuerwehr gerufen.
Mit Pöbeleien und Streitigkeiten hat nach Angaben von Robert Kröner nicht nur Aids-Forum e.V. zu kämpfen. Die meisten Gruppen, zu denen er Kontakt hat, hätten ganz ähnliche Schwierigkeiten, seien das nun Aids-Gruppen oder auch Projekte, die mit Behinderten arbeiteten, berichete er. Martin Böttcher
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