piwik no script img

Einfach, schnell und gewagt

■ 66 amerikanische Siebdrucker in der Kunsthalle / Eine kunsthistorische Lehrschau mit Raritäten eines Genres, das es schwer hatte

Roy Lichtenstein: „Sweet Dreams, Baby“ (1965)

Carl Zigrosser, einer der Väter des amerikanischen Siebdrucks, notierte 1941 im Hinblick auf das noch recht neue Genre: Bei dem aktiven Interesse, das die Künstler dafür zeigen, und der Schwungkraft, die das Medium

hierhin bitte

das Comic-Bild

vom Faustschlag

in Ausstellungen erhalten hat, ist es wohl kaum wahrscheinlich, daß die Serigrafie eine Eintagsfliege bleibt. Sie ist ein amerikanischer Beitrag zum Fortschritt der grafischen Künste.

Tatsächlich kam der große Aufschwung dieser original amerikanischen Kunstform — schnell, billig, plakativ und „demokratisch“ — erst viel später. Heute assoziiert man mit Serigrafie die Pop Art-Helden Jasper Johns, Roy Lichtenstein, Robert Indiana und Andy Warhol. Auch deren bekannte Bilder hängen dieser Tage in der Kunsthalle in einer kleinen, feinen Ausstellung Amerikanische Siebdrucke aus der Sammlung Reba und Dave Williams, New York , die am Dienstag eröffnet wird.

Zu einer kunsthistorischen Lehrschau wird die Ausstellung

Die ersten Siebdrucke versuchten noch, sich als Aquarelle oder Ölgemälde zu tarnen. Die Vorzüge der Serigrafie: harte, strahlende Flächen, waren unerwünscht

allerdings erst durch die Präsentation der Vorgänger, die sich seit den 20ern auf oft recht erfolglose, wenngleich rührende Weise mit dem neuen Medium herumschlugen. Denn die Stärken der Serigrafie — die perfekte, hart konturierte Fläche, die strahlenden Farben — waren zunächst keineswegs erwünscht.

Vielmehr streben die meisten alten Siebdrucke eine optische Täuschung an: Sie wirken wie Aquarelle oder Ölgemälde, man meint, Pinselstriche zu erkennen und die konventionellen Motive vom Stilleben über eine bewegte Landschaft bis zur holzschnittartigen sozialen Anklage.

In Amerika kann man geradezu von Staatskunst sprechen: Zur Zeit der Depression Anfang der 30er wurde der Siebdruck staatlicherseits massiv gefördert. Im Zweiten Weltkrieg spielte der Siebdruck an der „Heimatfront“ eine Rolle, wo sich eine „Artists for Victory“-Organisation um das Engagement der Künstler bemühte. Deutsche Künstler wie Willi Baumeister

Edward Ruscha: „Standard Station“ (1966)Abbildungen: Katalog

nahmen die Serigrafie erst nach dem Krieg zur Kenntnis; die Technik war dagegen schon lange bekannt: in den 20ern wurde sie zum Beispiel vom Bauhaus verwendet — für Werbezwecke.

Allerdings war bis in die 50er selbst in den USA die Serigrafie keinesfalls als “richtige Kunst durchgesetzt. Das Einzelblatt galt nicht als Original, die Vielfalt der Möglichkeiten des Genres ließ es als charakterlos erscheinen. Oft wurde auf billigem Papier gedruckt, die Blätter wurden selten gut behandelt. Deshalb sind auch die Exponate aus der Sammlung Williams, die wohl den größten Bestand amerikanischer Druckgrafik dar

hierhin bitte das

Bild von der

Tankstelle

stellt, meist rare Einzelstücke von nicht nur ideellem Wert.

Natürlich ist auch eine Marilyn dabei. Andy Warhol schrieb seinerzeit über den Siebdruck und die schöne Monroe: Beim Siebdruck nimmt man eine Fotografie, vergrößert sie, überträgt sie mit Leim auf Seide, und dann rollt man Farbe darüber, so daß sie durch die Seide geht, aber nicht durch den Leim. Auf diese Weise bekommt man dasselbe Bild, aber immer etwas anders. Es war so einfach — schnell und gewagt. Ich war begeistert. Meine ersten Versuche mit Sieben waren Köpfe von Troy Donahue und Warren Beatty, und als dann zufällig Marilyn Monroe starb,

kam mir der Gedanke, Siebdrucke ihres wunderschönen Gesichts zu machen — das war die erste „Marilyn“. Bus

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen