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Ansturm von jungen Arbeitslosen erwartet

■ 700 KandidatInnen für einen Vollzeitlehrgang stehen 40 Plätze gegenüber / Kritik an verantwortungloser Schulpolitik

Im Kreuzberger Oberstufenzentrum wird heute ein Ansturm von Schulabsolventen erwartet, die ohne Lehrstelle sind. Bis zu 700 Jugendliche könnten sich in der Wrangelstraße drängen, um einen Platz in einem der äußerst raren Vollzeitlehrgänge zu bekommen. Von dieser „VZ 11“ genannten Auffangmaßnahme für arbeitslose SchulabgängerInnen stehen im Oberstufenzentrum Handel ganze 40 Plätze zur Verfügung. Nach Informationen des Arbeitsamtes sind nach wie vor über 4.000 Jugendliche ohne Ausbildungsplatz.

Ursprünglich hatten sich 1.200 junge Leute beim Oberstufenzentrum für einen Vollzeitlehrgang im Berufsfeld Wirtschaft und Verwaltung angemeldet; jüngst waren noch rund 700 ohne Stelle. Für die mutmaßlich hoffnungslos überfüllte „VZ 11“-Klasse findet heute um 10 Uhr eine Informationsveranstaltung statt. Im vergangenen Jahr nahmen in Berlin rund 1.000 zwischen 14 und 17 Jahre alte Jugendliche an „VZ 11“-Klassen teil; angemeldet hatten sich 3.000. Vollzeitlehrgänge sollen unversorgten Schulabgängern die Lehrstelle ersetzen. Für die arbeitslosen Jugendlichen besteht Schulpflicht.

Als ein schulpolitischer Skandal wird der zu erwartende Überhang an „VZ 11“-SchülerInnen in der Schule selbst gesehen. „Der Schulsenator tritt die Schulpflicht mit Füßen“, sagte eine leitende Lehrkraft zur taz, ohne ihren Namen nennen zu wollen. Für die Realschulabgänger seien die wenigen „VZ 11“- Klassen außerdem ungeeignet. „Denen müßte man etwas viel Besseres geben“, meinte ein Lehrer des Oberstufenzentrums.

Die Differenz zwischen den Anmeldungen für Vollzeitlehrgänge und den tatsächlichen TeilnehmerInnen werde noch erheblich sinken. Diese Auffassung vertrat der Referatsleiter Berufsbildungspolitik des Schulsenators, Uwe Schulz- Hofen. Er meinte, bis zum 1. September würden erfahrungsgemäß noch viele Jugendliche einen Ausbildungsplatz ergattern. Die ehemalige Schulsenatorin Sybille Volkholz von den Grünen kritisierte ihren Nachfolger Jürgen Klemann (CDU) für seine „verantwortungslose“ Schulpolitik. Klemanns Behörde zahlt für jeden Ausbildungsplatz im Bausektor 5.000 Mark. Das subventioniere einen boomenden Wirtschaftszweig, ohne einen zusätzlichen Ausbildungsplatz oder eine schulische Ersatzmaßnahme zu schaffen. Die Ausbildungssituation hat sich unterdessen in Berlin noch nicht verbessert. Wie im Juni bestand auch Ende Juli beim Arbeitsamt noch eine Differenz von 4.400 zwischen nichtvermittelten SchulabgängerInnen (6.685) und nichtbesetzten Ausbildungsplätzen (2.250). Dieser Saldo sei „mit großen Unsicherheiten“ behaftet, sagte die Sprecherin des Landesarbeitsamtes, Melanie Nassauer, zur taz. Viele Jugendliche hätten bereits eine Lehrstelle „am Wickel“. Nassauer bestätigte aber den großen Andrang auf die Vollzeitlehrgänge. Sie sagte, es sei ein Skandal, wenn dort nur so wenige Plätze wie im Kreuzberger Oberstufenzentrum bereitstünden. Christian Füller

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