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Anzeigenlawine im Fall Pätzold

■ Die Auseinandersetzung um den früheren Innensenator Erich Pätzold weitet sich aus / Generalstaatsanwälte im Visier

Der Rechtsanwalt Peter Danckert erstattet heute Anzeige wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt. Zwar richtet sich sein Ermittlunsbegehren „gegen Unbekannt“, doch dem Adressaten im Amtsgericht Tiergarten wird schnell klar sein, auf wen der Vorwurf gemünzt ist: auf die beiden obersten Ankläger der Stadt, die Generalstaatsanwälte beim Landgericht und beim Kammergericht, Hans-Joachim Heinze und Dieter Neumann, sowie den Oberstaatsanwalt Matthias Priestoph. Letzterer ermittelte zweieinhalb Jahre lang gegen Danckerts Mandanten, den Ex-Innensenator Erich Pätzold (SPD), wegen uneidlicher Falschaussage (siehe taz vom 7.8.), ohne jedoch dem gleichen Verdacht bei prominenten CDU-Politikern nachzugehen.

Anlaß der Ermittlungen waren sich widersprechende Aussagen der Politiker im Schmücker-Untersuchungsausschuß, die am Freitag zu einer Anklage gegen Pätzold geführt haben.

Weil beiden Generalstaatsanwälten diese „eklatante Ungleichbehandlung“ bekannt war, sie jedoch nichts dagegen unternommen haben, will Danckert mit seiner Anzeige nun der Justiz auf die Sprünge helfen. Bereits am Freitag hatte Pätzold Anzeige gegen die ihn belastenden Zeugen, den Staatssekretär in der Innenverwaltung Eike Lancelle (CDU) und Ex-Staatssekretär Wolfgang Müllenbrock sowie zwei Abgeordnete erstattet.

Den Verdacht der Strafvereitelung im Amt sieht Danckert jedoch nicht nur mit der Durchführung und Deckung dieser einseitigen Ermittlungen gegeben, der Vorwurf der Nicht-Verfolgung trifft die Generalstaatsanwälte zudem bei einem Delikt, dessen sich Priestoph selbst schuldig gemacht haben soll: Dieser soll 1978 als Staatsanwalt im Schmücker-Verfahren an der informellen Weitergabe von Verfassungsschutzerkenntnissen an die damaligen Richter beteiligt gewesen sein. 1990 erkannte im mittlerweile vierten Durchgang des Prozesses das Gericht darin einen Rechtsbruch und stellte das Schmücker-Verfahren unter anderem wegen dieses Verfahrensfehlers ein. Es war der damalige Innensenator Pätzold, der dem Gericht die entsprechenden Verfassungsschutzakten zugänglich machte.

Die Staatsanwaltschaft unterließ es, diesem Verstoß ihres Kollegen Priestoph nachzugehen, obgleich das Delikt nach Danckerts Einschätzung auch heute noch nicht verjährt ist.

Weil Priestoph unter dem Verdacht eines Rechtsbruches steht, den Pätzold aufgedeckt hat, sieht Danckert zudem das Ausführungsgesetz des Gerichtsverfassungsgesetzes verletzt. Denn dieses schließt einen Staatsanwalt in einer Reihe von Fällen, etwa Verwandtschaft zum Beschuldigten oder zum Opfer, von Ermittlungen aus. Den dahinterstehenden Rechtsgedanken, „daß man durch die Nähe zur Sache, um die es geht, nicht mehr objektiv ermitteln kann und von daher ausgeschlossen ist“, sieht Danckert auch im vorliegenden Fall Priestoph gegeben.

Noch bevor Danckerts Anzeige Ermittlungsergebnisse zeitigt, wird das Abgeordnetenhaus Anfang September die Vorwürfe gegen Matthias Priestoph und die Generalstaatsanwälte prüfen. Denn deren Verhalten wurde bereits vor zwei Monaten von Justizsenatorin Jutta Limbach (SPD) begutachtet und für korrekt befunden. Nun drängt die SPD-Fraktion auf Offenlegung dieser Unterlagen der von ihr gestellten Senatorin. Dieter Rulff

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