: Ausschußarbeit als Hindernislauf
Der SPD-Obmann im Schlack-Untersuchungsausschuß, Andreas von Bülow: Bundesregierung soll von den USA die Herausgabe der Stasi-Akten für den Ausschuß verlangen ■ Aus Bonn Thomas Scheuer
Die SPD hat der Bundesregierung erneut vorgeworfen, die Arbeit des parlamentarischen Schalck-Untersuchungsausschusses zu behindern, um die Verwicklung westlicher Politiker und Unternehmen in die Geschäfte des ehemaligen DDR-Devisenbeschaffers Alexander Schalck-Golodkowski und seines Firmennetzwerks „Kommerzielle Koordinierung“ zu verschleiern. Der SPD- Obmann im Ausschuß, Andreas von Bülow, kritisierte, daß die Ausschußmehrheit von CDU/ CSU und FDP kurz vor der Sommerpause die Vernehmung weiterer vorläufig aussetzte. Der Ausschußvorsitzende Friedrich Vogel (CDU) hatte die Zeugenvernehmungen abgebrochen, nachdem die taz vorab über die geplante Geheimvernehmung eines iranischen Waffenhändlers berichtet hatte, der zu DDR-Zeiten auch als Vertreter für Schalcks Waffenhandelsfirma IMES fungiert hatte. Vogel war daüber derart verärgert, daß er nach der Sommerpause den Ältestenrat des Bundestages über die Weiterarbeit des Gremiums befinden lassen will.
Von Bülow dagegen nannte gestern diese Reaktion „völlig überzogen“. Die von der Ausschußmehrheit getragene Entscheidung Vogels wertete er vielmehr als weiteren Beleg für die „Steuerung des Ausschusses“ durch die Regierungsmehrheit. In einem ebenfalls am Donnerstag veröffentlichten Schreiben forderte Bülow Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth auf, gegen die Unterbrechung der Zeugenvernehmungen vorzugehen. Die Maßnahme sei fadenscheinig begründet und bedeute eine Gefährdung der grundgesetzlich garantierten Rechte der Minderheit. Damit werde die ohnehin noch für Zeugenvernehmungen zur Verfügung stehende knappe Zeit weiter verkürzt. Angesichts der extremen Zeitnot, unter der der Ausschuß wegen des herannahenden Endes der Legislaturperiode stehe, sei „jede willkürliche Unterbrechung der Arbeit gleichbedeutend mit einer Gefährdung des Untersuchungszieles“, schrieb Bülow an die Bundestagspräsidentin.
Er monierte ferner, daß die Bundesregierung auch zwei Jahre nach seiner Einsetzung immer noch wichtige Unterlagen, etwa des Bundesnachrichtendientes, zurückhalte. Er sprach von einer „massiven Beeinträchtigung der Untersuchungsfähigkeit des Ausschusses“. In diesem Zusammenhang forderte der SPD-Politiker die Bundesregierung auf, bei den US-Geheimdiensten die Herausgabe der ominösen Stasi-Akten zu verlangen, die während der Wendewirren offenbar aus der DDR in die USA gelangt seien. Nach Angaben seines Fraktionskollegen Friedhelm Julius Beucher hätten sich nach der Wende mehrere Stasi-Offiziere in die USA abgesetzt, die sicherlich „nicht mit leeren Händen über den Teich“ gekommen seien. Neben den USA steht von Bülow zufolge ein weiterer Staat im Verdacht, sich beim Zusammenbruch der DDR Stasi- Akten beschafft zu haben. Welches Land er damit meinte, wollte er nicht sagen. Möglicherweise meinte er Israel.
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