: Mottengestank enttarnt
■ Alte Schulpavillons sind mit Chlornaphthalin verseucht
Und wieder ein Gift. Wegen zu hoher Belastung mit dem dioxinverwandten Chlornaphthalin werden zu Schulbeginn 15 Pavillons geräumt. Das ist die Konsequenz aus einer Meßaktion, die die Hamburger Schulbehörde über die Sommerferien ausgewertet hat.
Lange Zeit habe man nicht gewußt, woher der penetrante Mottengestank in den bis zu 20 Jahre alten Pavillons der Firma Zenker kam, berichtet Schulbehördensprecher Ulrich Vieluf. Die mit der Instandhaltung beauftragten Bezirksämter hatten sogar die Vermutung, der Geruch würde durch Feuchtigkeitsschäden oder versteckte Kadaver von Madern verursacht.
Besonders an der Peter-Petersen-Gesamtschule kam es immer wieder zu Beschwerden, Kinder klagten über Kopfschmerzen und Übelkeit. Vor den Sommerferien schließlich weigerten sich die Eltern, ihre Kinder weiterhin in die Klassenräume am Hasenweg zu schicken.
Daß Chlornaphthalin nach Mottenkugeln riecht, ist länger bekannt. Doch erst im März hatten Messungen ans Tageslicht gebracht, daß der penetrante Modergeruch auf das Schädlingsgift zurückzuführen ist. Es war in dem Holzschutzmittel enthalten, mit dem die Spanplatten behandelt worden waren. Das Bundesgesundheitsamt geht davon aus, daß eine Konzentration von 200 Mikrogramm pro Kubikmeter Raumluft keine Gesundheitsschäden verursacht. In den vier Pavillons am Hasenweg, in denen den Kindern schlecht wurde, wurden weit niedrigere Konzentrationen gemessen (0,58, 0,45, 86,6 und 22,23 Mikrogramm). „Besonders jüngere Kinder reagieren auf den Geruch mit Übelkeit“, sagt Vieluf. Folglich sollen alle 15 der insgesamt 22 Pavillons, in denen mehr als 20 Mikrogramm gemessen wurden, geräumt werden. In den übrigen wird weiter gemessen.
Da eine Sanierung nicht lohnt, sollen die Gebäude abgerissen werden. Allerdings, so Vieluf, sei zu prüfen, ob einzelne Gebäude für „nichtunterrichtliche Zwecke“ genutzt werden können, als Bücherlager oder Fahrradwerkstatt. Der Neubau von Pavillons (Stückpreis 700.000 Mark) soll die Stadt höchstens zehn Millionen Mark kosten. Bis die Neubauten stehen, müssen die Schüler der Schulen Daimlerstraße, Wittenberger Weg, Iserbrook, Mümmelmannsberg, Peter-Petersen, Linaustraße und Luisenschule ein bißchen mehr zusammenrücken. Für die raumnotgeplagten Schulen vermutlich die leichteste Übung. Kaija Kutter
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