piwik no script img

Die Berlinerin

■ Frauenpower in roten Pumps

Wer hätte es für möglich gehalten, daß ein Stadtbuch über die deutsche Hauptstadt der Frauenbewegung in roten Pumps daherkommen könnte? Nun, dieses „FrauenStadtBuch Berlin“ tut es ungeniert. Und es ist in der Tat so souverän, wie es sich gibt: die Touristin oder Neuberlinerin entdeckt hier das etwas andere Stadtbuch. Weil dieses Berlin täglich und für alle ein anderes Gesicht hat, konzentriert sich die Herausgeberin Margret Lünenborg auf die weibliche Geschichte der Stadt. Natürlich kann Frau hier einen Blick werfen in die Salons der Berlinerinnen Henriette Herz und Rahel Levin-Varnhagen. Am Glanz der Weltstadt der zwanziger Jahre wird kritisch gekratzt und der Staub von der „Nesthäkchen“-Autorin Else Ury gepustet. Spannend ist zu lesen, mit welchem Mut Frauen 1943 gegen den Abtransport ihrer (halb-)jüdischen Ehemänner kämpften. Schade, daß noch lebende Augenzeuginnen sonst so selten gehört werden.

Daß am Buch jene Fachfrauen mitgearbeitet haben, die einen Teil der neuen Frauenbewegung Berlins ausmachen, ist vor allem im politischen Teil – und hier besonders in den Interviews – zu spüren. Mitten im „Salto mortale“ (Halina Bendkowski) der Ost-West-Frauenannäherungs- und -bewegungsversuche blicken sie zurück, sprechen von autonomen und institutionellen Erfahrungen, von Enttäuschungen und Hoffnungen. Ein spannender Einstieg für Neuberlinerinnen. Gerade für sie ist auch der übersichtliche und umfangreiche Adressenteil hilfreich.

Über die weibliche Kultur Berlins berichten im Stadtführer zwar genauso kundige Fachfrauen, dennoch wirkt das Kapitel wie ein etwas lästig-lustloses Anhängsel. Die Alltagsschilderungen bleiben oft genauso fade, wie eben ein Alltag in Berlin sein kann. Manchmal hätte dieser Kiez-Bauchnabelbegutachtung etwas literarische Qualität wohlgetan. Petra Brändle

„FrauenStadtBuch Berlin“,

Hrsg: Margret Lünenborg,

ElefantenPress, 1993, 19,90 DM.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen