: Ein Hear-in des DLF: 1968 und die Folgen
■ Ein sechswöchiges Projekt des Deutschlandfunks beginnt am Sonntag
Wie es Ihnen damit geht, weiß ich nicht. Für mich fungierten die Yuppies als Pionierpflanzen der neuen Zeit. Denn spätestens als die ersten Exemplare dieser von Geist bis Fuß durchgestylten jungen Karrieristen mit chicken Plexiglaskoffern die Unis und Büros eroberten, war es aus. Nicht so richtig dramatisch „aus“, vielmehr vorbei mit einer Epoche, mit dem politisch korrekten Leben im Windschatten der engagierten 68-Generation. Eine bewegte Zeit ging, so scheint es, ganz biologisch mit dem Altern ihrer ProtagonistInnen zu Ende. Die vormals bekämpfte Devise Money makes the world go round gewann nun allgemein an Akzeptanz. Das war vor zehn Jahren.
Und ausgerechnet jetzt, wo der schnelle Kassenerfolg überall zum guten Ton gehört, feiern die Siebziger ihr modisches Revival. Nun liegt die Frage nahe, was die Kids in Fransenhemd und Schlagjeans von Ideen und Umfeld dieser Zeit überhaupt wissen? Wo, wenn nicht im Geschichtsbuch, sind die VeteranInnen? Gerade der richtige Zeitpunkt also für das Projekt des Deutschlandfunks, das ein bemerkenswertes, gigantisches „Hear- In“ zu werden verspricht.
In einer siebenteiligen Gesprächsreihe, jeweils sonntags um 9.30 Uhr, gibt es einige Altvordere des gesellschaftlichen Aufbruchs original zum „Anfassen“. Oskar Negt, Soziologe und einer der Wortführer der außerparlamentarischen Opposition, beginnt am morgigen Sonntag den Reigen. Es folgen der „Heimatforscher“ Edgar Reitz und von der „Sexfront“ Günter Amendt , der einst die Untiefen von Politik und Sexualität ergründete.
Am Mittwoch, 18. August, um 19.15 Uhr richten sich die Mikros auf die Freie Universität Berlin. Obwohl ehemalige Achtundsechziger hier jetzt als Professoren lehren, dümpelt die einstige Keimzelle der Studentenrevolte nur noch vor sich hin. Doch auch die Länder jenseits des nationalen Tellerrands werden beachtet: Vier Features werfen donnerstags um 22.15 Uhr ein Licht auf die Folgen der unruhigen Zeit in: der DDR (9. September), den USA (16. September), Frankreich (23. September) und Italien (30. September). Daß während der Bewegung nicht nur gegrübelt wurde, stellt am 30. August um 22.15 Uhr ein Porträt der Revolten-Sirene Joan Baez unter Beweis.
Und ob die Biographien der Studenten von damals zum neuen Leitbild taugen, erschließt die Porträt-Sequenz „Wo endete der lange Marsch?“ am 1. September um 15.15 Uhr. GeHa
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen