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■ Press-SchlagWindiger Supersponsor

Manchmal gehen in Wiesbaden die Uhren etwas anders. So fand das vergangene Christfest vier Wochen später als gewöhnlich statt. Dafür fiel die Bescherung um so üppiger aus. Denn Ende Januar 1993 gab der Präsident des Fußball-Oberligisten SV Wiesbaden, Klaus-Peter Will bekannt: „Unser neuer Hauptsponsor Travimpex sichert uns in einem Fünf-Jahres- Vertrag 500.000 Mark pro Saison zu.“ Im Vorgriff auf die zu erwartenden Millionen verpflichtete der Verein Trainer und Spieler vom Feinsten. Auch der hessische Eishockey-Drittligist EC Bad Nauheim sah wieder Land. Monatelang unter Konkursverwaltung, kam ihm das Angebot von Travimpex- Gesellschafter Norbert Metzler gerade recht. Der, nach eigenen Angaben 200-Millionen-Mark- Erbe, versprach ebenfalls 500.000 Mark im Jahr.

Als nächste folgten der Eishockey-Bundesligist Berliner Eisbären (500.000 Mark pro Saison), der Baseballclub Hanau Hawks (500.000 Mark), der Fußball-Oberligaverein FSV PCK Schwedt (430.000 Mark), Zweitligist Hansa Rostock (1,2 Millionen Mark) und Boxweltmeister Henry Maske mit einem sechstelligen Betrag.

Kaum ein halbes Jahr später brach das Kartenhaus zusammen und bei den Clubs herrscht nun Totensonntags-Stimmung. Mit den dürren Worten „wir ziehen uns aus geschäftspolitischen Gründen aus dem Sponsoring zurück“ verschwanden die Travimpex-Millionen genauso schnell, wie sie aufgetaucht waren. Längst war durchgesickert, daß die Staatsanwaltschaft Darmstadt gegen den Geschäftsführer von Travimpex und eine weitere Person wegen Betrugs und Veruntreuung ermittelt. Zudem hatte sich der als Macher geltende Norbert Metzler von der Firma zurückgezogen. Zwar behauptet er, „ich werde die Zusagen aus meinem Privatvermögen begleichen“, doch der Herr wurde schon länger nicht mehr gesehen.

Die Travimpex GmbH existiert im Grunde genommen gar nicht. 1989 in Liechtenstein als AG gegründet, ist sie in Deutschland seit 1992 nach wie vor noch „in Gründung“, wie die Staatsanwaltschaft bestätigt. Ihr Geschäftsziel ist, über Anlage- und Sparverträge Kapital zum Kauf von Grundstücken und Häusern zu sammeln. Gelockt wurden die Interessenten mit utopischen Renditeversprechungen, hauptsächlich in den neuen Bundesländern. Doch hat die Firma nie hinreichend dargelegt, ob und wie diese Gewinne mit dem Immobilienhandel und dem Erwerb und Verkauf von Unternehmensbeteiligungen zu erzielen sind. Kein Wunder, denn die Staatsanwälte haben „bisher noch kein einziges tatsächlich vorhandenes Objekt gefunden“.

Zusätzliche Brisanz gewinnt die Sache dadurch, daß es in der jüngsten Vergangenheit immer wieder Vermutungen gegeben hat, die Travimpex-Holding sei aus dem Nachlaß des Ex-DDR- Devisenbeschaffers Schalck- Golodkowski entstanden. Zwar ist dies von den Verantwortlichen der Gesellschaft jedesmal bestritten worden, jedoch ohne Gegenbeweise. Das Gründungsdatum 1989 läßt immerhin einige Rückschlüsse zu.

Die betroffenen Sportvereine kehren mittlerweile ihre Scherben zusammen. Der SV Wiesbaden ist auf der fieberhaften Suche nach Ersatzsponsoren, um den 1,2-Millionen- Mark-Etat halten zu können, der EC Bad Nauheim hat seinen Etat von 2,2 Millionen drastisch auf 575.000 Mark reduziert und Boxer Henry Maske hat in realistischer Einschätzung der Lage den Vertrag freiwillig gekündigt. Die Berliner Eisbären klammern sich noch an die Hoffnung, daß Norbert Metzler seine Privatschatulle öffnet. Immerhin hatten sie die Hälfte der versprochenen fünf Millionen schon im voraus bekommen. Die Lage der übrigen Vereine ist derzeit noch verworren, aber nicht weniger aussichtslos.

Vor allem aber stellt sich die Frage: Wie leicht lassen sich eigentlich Vereinsvorstände mit reichhaltigen Millionenversprechen ködern, ohne von ihrem künftigen Sponsorenpartner erst einmal Nachweise und Bilanzen zu fordern? Oder ist es tatsächlich so, wie es ein ungenannt bleiben wollender Club- Präsident formulierte: „Wenn man nach oben will, fragt man nicht lange, wo das Geld herkommt.“ Matthias Kittmann

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