: „Kellogg's führt die Karenztage ein“
■ Betriebsrat beklagt Psycho-Druck und schlechtes Arbeitsklima imCornflakes-Werk
Im Bremer „Kellogg's“-Werk fühlen sich die Beschäftigten von der Personalleitung mächtig unter Druck gesetzt. MitarbeiterInnen, die in der letzten Zeit öfter krank waren, wurde die Kündigung angedroht, ein Arbeiter wegen angeblicher unzutreffender Krankschreibung fristlos gefeuert.
Seit dem Frühjahr haben sich beim Betriebsrat fünf Beschäftigte gemeldet, die mit ähnlich lautenden Briefen unter Druck gesetzt wurden. Wegen „überdurchschnittlich hohen Fehlzeiten“ wurden sie gewarnt, daß „der nächste Vorfall dieser Art mit einer Kündigung beantwortet wird“. „Regelmäßige Kurzzeiterkrankungen“ würden das Verhältnis von „Leistung und Gegenleistung erheblich ins Ungleichgewicht“ geraten lassen - ebenfalls ein Grund für die Drohung mit dem Rausschmiß. Der Betriebsrat wertete diese Briefe als „Nötigung“ und forderte die Betriebsleitung auf, das Vorgehen einzustellen. Da das nichts half, hat er jetzt vor dem Arbeitsgericht ein Beschlußverfahren eingeleitet, das diese Praxis unterbinden soll.
Fristlos gefeuert wurde ein türkischer Angestellter — unrechtmäßig, wie der Betreibsrat meint. Laut einer eidesstattlichen Versicherung des Entlassenen war er nach einer vierwöchigen Krankschreibung zum Personalchef zitiert und zusammengestaucht worden: er sei eigentlich gar nicht krank gewesen, deshalb drohe
Psycho-Druck bei den Cornflakes-ArbeiternFoto: Holzapfel
ihm die fristlose Entlassung, wenn er nicht für die Zeit fünf Tage Urlaub nehme. Eingeschüchtert habe er unterschrieben, am Abend aber zu einem Kollegen gesagt: „Das lasse ich mir nicht bieten.“ Am nächsten Tag war er dann wieder krank. Diese Krankschreibung wiederum zweifelte „Kellogg's“ an und schickte ihm die Kündigung ins Haus.
„Ich habe keine Probleme mit dem Betriebsklima“, sagt der Direktor für Personal und Recht, Horst Wilms. Bei einigen Beschäftigten habe er lediglich auf die Möglichkeit „personenbedingter Kündigungen“ aufmerksam gemacht: Entlassungen aus Gründen, „die man dem einzelnen nicht vorwerfen kann. Wenn das Verhältnis Arbeit-Leistung nicht mehr stimmt, muß man das
Arbeitsverhältnis beenden.“ Aber Kündigungen seien nur die „ultima ratio“, denn „Personalmaßnahmen sind keine Disziplinarmaßnahmen“. Überhaupt habe es bei „Kellogg's“ lange keine Kündigungen gegeben, denn man habe keine wirtschaftlichen Probleme wie andere Betriebe. Wilms: „Bei uns ging es seit 30 Jahren ständig bergauf, ich glaube, der Betriebsrat sucht sich einen Nebenkriegsschauplatz.“
Laut Betriebsrat fliegen bei der Cornflakes-Produktion aber immer mal wieder die Fetzen. So habe sich der entlassene türkische Arbeiter von Kollegen allmorgendliche ausländerfeindliche Parolen anhören müssen, was durch die Vorgesetzten nicht unterbunden worden sei. Allgemein behandele Personalchef Wilms die „Menschen wie Maschinen“,
beklagt Betriebsrat Vlado Vukasovic: „Wer krank ist, soll trotzdem arbeiten“. Vorher sei ein solches Verhalten schon mal vorgekommen, doch jetzt werde es systematisch — „Kellogg's führt die Karenztage schon vor einer gesetzlichen Regelung ein,“ vermuten die Arbeitnehmervertreter. Wilms wolle sich mit seinem „gnadenlosen Stil Respekt durch Angst verschaffen“, vermuten sie.
„Uns ist nie gesagt worden, daß der Krankenstand besonders hoch sei, wir liegen im Bundesdurchschnitt“, meint auch Stefan Korzeniowski, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender. Wenn einer nicht „Leistung bringe wie ein 24jähriger Zehnkämpfer“ bekomme er im Betrieb immer öfter Probleme.
Bernhard Pötter
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen