Vom „good will“ der Grenzschützer abhängig

■ Anders als in Frankfurt kann der Schönefelder Flughafensozialdienst Flüchtlinge nicht rundum betreuen / Verhandlungen mit dem Innenministerium Brandenburgs

Der Flughafensozialdienst hat keinen Zutritt zum Transitraum für Asylbewerber. Das bedeutet, daß ankommende Flüchtlinge aus sogenannten „sicheren Herkunftsländern“ den oft stundenlangen Vernehmungen des Bundesgrenzschutzes weitgehend ohne soziale Betreuung ausgesetzt sind. Der Kontakt zu Flüchtlingen hänge vom „good will“ der Grenzschützer ab, berichtete die Koordinatorin des Flughafensozialdienstes, Ute Reumermann, auf einer Veranstaltung der Humanistischen Union zum Thema „Die Abschiebung eines Grundrechts“.

Der von Caritas und Diakonischem Werk gebildete Sozialdienst am Airport stehe in Verhandlungen mit dem zuständigen brandenburgischen Innenministerium. Dabei geht es darum, daß fünf hauptamtliche SozialdienstlerInnen und sechs Zivildienstleistende künftig, wie in München und Frankfurt üblich, politische Flüchtlinge umfassend sozial und rechtlich betreuen sollen. „Wir wollen Zugang zu allen Sicherheitsbereichen“, forderte Ute Reumermann vor etwa 100 Zuhörern im Haus der Demokratie.

Die Transiträume für Asylsuchende wurden nach der restriktiven Neuordnung des Asylrechts an internationalen Flughäfen eingerichtet. Die Flüchtlinge – nach Wissen des Sozialdienstes waren es im August nur 39 – müssen sich in diesen Räumen so lange aufhalten, bis entschieden ist, ob sie ihren Antrag auf Schutz vor politischer Verfolgung überhaupt betreiben dürfen. Erst dann wird ihnen die Einreise gestattet. Bislang werden die Asylsuchenden in Schönefeld für die Zeit ihres Aufenthaltes vom Personal einer Betreibergesellschaft von Asylunterkünften versorgt. Die Leute müssen jeweils extra von Eisenhüttenstadt nach Schönefeld abgeordnet werden. Ute Reumermann betonte, der Flughafensozialdienst habe sich nicht mit den neuen Asylgesetzen abgefunden. Aber sie wolle die Zeit des Wartens am Flughafen „so menschenwürdig wie möglich beeinflussen“. Die Flüchtlinge befänden sich „im Extrembereich psychischer Belastung“.

Bei der Asylveranstaltung der Humanistischen Union ging es vor allem um die sogenannte Drittstaatenregelung des Artikels 16a des Grundgesetzes. Diese Regelung beinhalte die „zwingende Vorschrift, Flüchtlinge an der Grenze zurückzuweisen“, wenn sie über sogenannte sichere Drittstaaten nach Deutschland gekommen seien – so die Richterin am Berliner Verfassungsgerichtshof, Veronika Arendt-Rojahn. Auch könnten die Flüchtlinge gegen die Abschiebungsentscheidungen der Asyl- und Ausländerbehörden keinen Widerspruch einlegen. „Ein Rechtsweg ist in diesem Fall ausgeschlossen“, sagte die Rechtsanwältin Arendt-Rojahn.

„Es ist ganz klar, daß die Tschechische Republik kein sicheres Drittland ist“, meinte der Ausländerbeauftragte der evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg, Hanns Thomä-Venske. Auch für Polen gelte dies nur eingeschränkt. Thomä besuchte im Mai die beiden Nachbarstaaten zusammen mit anderen Asylexperten. Er berichtete, daß Polen kein in Kraft befindliches Asylrecht besitze. Außerdem sei die wirtschaftliche Lage dort so desolat, daß eine massenweise Zurückschiebung von Flüchtlingen durch die deutschen Grenzbehörden nicht zu verkraften sei. Die Tschechische Republik stehe zwar wirtschaftlich besser da. Sie beabsichtige jedoch, die aus Deutschland kommenden Flüchtlinge sofort auszuweisen. Entsprechende Vereinbarungen habe Tschechien mit seinen Anrainerstaaten bereits getroffen. „Es geht überhaupt nicht um Asyl“, sagte Thomä-Venske, „sondern nur um Weiterschiebung.“ In dem vom Bundestag beschlossenen Asylkompromiß werden „sichere Drittstaaten“ dadurch als sicher definiert, daß man dort Asyl beantragen könne und nicht abgeschoben werde. Christian Füller