: Bremerhaven: Zukunft ohne Werften?
■ Arbeitsplatz-Abbau bei Seebeck gefährdet Fischereihafen-Schleuse / Grüner: Zweihäfigkeit in Frage stellen
Sollen die Bremer Hafenbecken zugeschüttet werden?Foto: Katja Heddinga
Verärgert sind die Bremerhavener Sozialdemokraten über den Bremer Wirtschaftssenator Claus Jäger. Anlaß ist der geplante Bau einer neuen, größeren Kammer für die Fischereihafen-Schleuse, die vor allem für den Großschiffbau auf der Seebeck-Werft wichtig wäre. Aber was ist, fragen Bremer Wirtschafts-Politiker hinter vorgehaltener Hand, wenn bei Seebeck Arbeitsplätze abgebaut und die Werft an Bedeutung verliert? Lohnen sich dann 200 Millionen Mark Investitionen in die neue Schleuse? Genau dies wollen die zuständigen Mitarbeiter des Wirtschaftsressorts Ende 1995, wenn die Aufträge für den Schleusenbau vergeben werden
hier bitte das
Hafenfoto
müssen, durch eine Umfrage bei den Nutzern des Fischereihafens noch einmal prüfen. „Eine reine Vorsichtsmaßnahme“, sagt Wirtschaftsressort-Sprecher Petrat.
Im Kontext des Arbeitsplatzabbaues der Seebeck-Werft müssen die Bremerhavener dies als zusätzliche Verunsicherung verstehen. „Ich hoffe, daß Wirtschaftssenator Jäger seinen Mitarbeitern deutlich macht, daß das irritierend wirkt“, erklärte der Bremerhavener Vorsitzende der Fischereihafen-Deputation, Werner Hoyer. Der Vulkan-Konzern muß die Entscheidung über den Bau des großen Panmax-Docks jetzt treffen, fordert die Bremerhavener Nordsee-Zeitung. Dann
nämlich ist auch die große Schleuse zwingend. Die „Zitterpartie um die Zukunft des Werftenstandortes Bremenhaven“ müsse beendet werden.
Dem Hamburger Abendblatt gegenüber aber gibt Vulkan-Chef Hennemann seine Skepsis deutlich zu erkennen: Erstens sei die Seebeck-Werft zu teuer, mit weniger Beschäftigten müsse dieselbe Arbeit gemacht werden. Erst dann könne über Investitionen geredet werden. Zweitens: „Das Vorgehen wird durch den fehlenden Konsens mit den Arbeitnehmern erschwert.“ Der Vulkan läßt in den neuen Bundesländern und bald auch in Drittwelt-Ländern produzieren. Die Frage ist, ob die Bremerhavener Arbeiter (bei abnehmenden West-Subventionen aus Bonn) so engagiert malochen können, daß ihr Kosten-Niveau irgandwann wieder wettbewerbsfähig wird.
Für den Bremerhavener Grünen Manfred Schramm liegt die Zukunft der Bedeutung der Stadt woanders: „Ist es noch sinnvoll, zwei Hafenstandorte zu haben?“ fragt er provokativ in einem Diskussionspapier für seine Partei. In einer „neuen Hafenstruktur“ sei kein Platz für den „absurden Ausbau eines dritten Beckens im Neustädter Hafen“ in Bremen. Die Konsequenz dieses Gedankens: „Verlagerung von Distributions- und Logistikaktivitäten nach Bremenhaven“, letztlich vielleicht ein GVZ in Bremerhaven. K.W.
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