Palazzo Prozzo ausgeprotzt?

■ Abriß für 1994 geplant / Die auf 200 Millionen Mark geschätzten Abrißkosten sind im Bundesetat schon eingeplant

Der Palast der Republik soll im nächsten Jahr abgerissen werden. Das Bundesbauministerium in Bonn hat einen Fahrplan für den Abriß des sozialistischen Repräsentativbaus auf dem Marx-Engels-Platz vorgelegt. Ab 1994 soll die Abrißbirne schwingen, um das „Palazzo Prozzo“ und „Ballast der Republik“ genannte Gebäude zu beseitigen. Die Kosten des drei- bis vierjährigen Unternehmens werden auf 200 Millionen Mark geschätzt und sind bereits im Bundesetat für 1994 eingeplant.

Den Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und Bauwesen wurden diese Pläne gestern erst aus einem Zeitungsbericht bekannt. Gleichwohl sei der Abbruch-Termin keine Überraschung, räumte Ulrike Plewnia von der Stadtentwicklungsverwaltung ein. Ihre Verwaltung mit Senator Volker Hassemer (CDU) an der Spitze plädiere sowieso dafür, den asbestverseuchten Bau „lieber früher als später“ abzutragen.

Bereits im März hatte sich der Gemeinsame Ausschuß Bonn- Berlin für den Abriß entschieden. Dies ist auch in der Ausschreibung für den Spreeinselwettbewerb festgelegt, dessen erste Phase Ende August ausgelobt wurde. „Um Gesundheitsgefahren auszuschließen“, heißt es in der Begründung, sei an dem Gebäude die Entfernung des Asbestes nur bei Rückführung bis auf den Rohbau möglich. So werden wohl von dem DDR-Prestigebau, der 1976 auf dem Areal des 1950 gesprengten Stadtschlosses eingeweiht wurde, gegen Ende dieses Jahrtausends nur noch das gewaltige Fundament und die Kellergeschosse übrig sein. An die Berliner Bauverwaltung sei bislang aus Bonn noch keine Bitte um Mitwirkung ergangen, erklärte Pressesprecher Ralf Schlichting.

Die Diskussion um den vor allem in Ostberlin umstrittenen Abriß dürfte jetzt noch einmal losbrechen. In der politischen Palast-Debatte geht es weniger um die Funktion des Mammutbaus als um seinen Symbolgehalt als politisches Zentrum des DDR-Staates. Der Chef der PDS-Abgeordnetenhaus-Fraktion, Peter-Rudolf Zotl, inkriminierte den Abrißtermin als einen „Angriff auf die Demokratie“. Weder das Berliner Parlament noch die Bezirksverordnetenversammlung des Stadtbezirks Mitte, in dem das Bauwerk (noch) steht, seien gefragt worden.

Die letzte Entscheidung über „Sein oder Nichtsein“ habe das Bundes-Parlament zu treffen, so der SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Conradi. Ungeklärt ist noch das Schicksal der mehr als 300 Gemälde der Palast-Galerie. Der Direktor des Deutschen Historischen Museums hat schon seit längerem Interesse für die 16 Monumentalwerke, zu denen Auftragswerke von Werner Tübke, Bernhard Heisig und Willi Sitte gehören. dpa