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Jazzerinnen und Bluesfrauen

■ Das vierte „Women in (E)motion“-Festival ging in Bremen zu Ende

Sie sind nicht zahlreich, und sie sind in aller Regel weniger bekannt als männliche Kollegen. Die Rede ist von Jazzerinnen und Bluesfrauen. Das Bremer „Women in (E)motion“-Festival widmet sich der Aufgabe, dem ein wenig abzuhelfen. Zum vierten Mal präsentierte es im August Musikerinnen vorwiegend aus den Stilrichtungen „schwarzer Musik“: Jazz, Blues 'n' Gospel – so auch der Untertitel des Festivals. Dieses Jahr erweiterte allerdings schon das Eröffnungskonzert den musikalischen Rahmen in den Bereich Neuer Musik. Mit der Komposition „A Portrait of Robyn and Marianne“ von Pauline Oliveros stellten sich die Perkussionistin Robyn Schulkowsky und Marianne Schröder am Piano quasi selber vor. In der Collage von notierten und improvisierten Sequenzen ging es mehr um Klangschattierungen, Sounds, das Nachspüren einzelner Töne als um die Entwicklung melodischer oder rhythmischer Spannungsbögen. Dominant waren meditative, fragile Stimmungen, allerdings durchbrochen von wilden Attacken Schulkowskys auf riesigen Trommeln. Die in Deutschland lebende US-Amerikanerin versteht es, ihrem umfangreichen Arsenal von Perkussionsinstrumenten ganz unterschiedliche Klangstimmungen zu entlocken: zarten Glockenklang, leises Rascheln, grollende Obertöne.

„Bei der Programmgestaltung gehe ich vor allem nach meinem eigenen Geschmack und nach Tips der auftretenden Musikerinnen“, erläuterte Veranstalterin Petra Hanisch in einem Gespräch. Sie will auch unbekannte Künstlerinnen featuren und nicht nur auf schon bekannte Namen setzen. Das birgt natürlich gewisse Risiken, ermöglicht aber auch Entdeckungen. Zu entdecken war dieses Jahr beispielsweise die Sängerin und Pianistin Carol Fran. Die aus Lafayette, Louisiana, stammende sechzigjährige Blueslady ist eine großartige Sängerin und Entertainerin. Ihr Repertoire umfaßte neben Rhythm-'n'-Blues-Standards auch Zydeco-Titel in creolischem Französisch. Begleitet wurde sie von ihrem Ehemann, dem texanischen Gitarristen Clarence Hollimon. Das in jahrelanger Clubarbeit gestählte Duo verlieh auch altbekannten Standards frische Akzente. Carol Fran ist typisch für eine ganze Reihe von Bluesinterpretinnen, die zwar seit Jahrzehnten im Musikgeschäft aktiv sind, aber (oft zu Unrecht) nur selten über einen lokalen Status hinauskommen.

Eine weitere Entdeckung war das A-cappella-Septett „Stupendams“ aus Barcelona. Die sieben Sängerinnen begeisterten mit dichten Arrangements und einer einnehmenden Choreographie, die über solistische Schwächen hinwegtröstete. Ihr breitgefächertes Repertoire reichte vom serbokroatischen Volkslied über Soul und Pop-Hits bis zu einem Maori-Song.

Enttäuschend hingegen war der Auftritt der kalifornischen Trompeterin Rebecca Coupe Franks, die ihr Europa-Debüt gab. Abgesehen vom Piano sind Instrumentalistinnen im Jazz noch immer die Ausnahme, besonders Bläserinnen. (Wem fallen spontan viel mehr Namen als Barbara Thompson, Melba Liston, Sharon Freeman oder Sybille Pomorin ein?) Unsaubere Intonation und Schwierigkeiten mit den Highnotes entwarfen allerdings kein überzeugendes Bild der Dreißigjährigen. Obwohl ihr bluesorientierter Mainstream auf CD frisch und funky daherkommt.

Glanzlicht des Festivals war das Abschlußkonzert zweier schon bekannterer Musikerinnen: Amina Claudine Myers und Bertha Hope. Nachdem sie beim ersten „Women in (E)motion“-Festival, 1988, einen begeisternden Auftritt mit ihrem Trio hatte, gab sie diesmal ein Solo-Konzert. Eine Stärke der aus der Chicagoer AACM-Szene (AACM: Association for the Advancement of creative Musicians) stammende Pianistin und Organistin liegt in gospelorientierten, oft geradezu hymnischen Melodien, die in ihren besten Momenten eine beseelte Intensität erreichen. Darüber hinaus ist sie in den verschiedensten Spielarten des Jazzpianos zu Hause. In ihrer zwanzigminütigen Eröffnungsimprovisation spielte sie sich durch die Jazzepochen, von rollenden Boogieläufen über Bopvariationen hin zu donnernden Free-Clustern. Ein mitreißender Auftritt. Das Trio der Pianistin Bertha Hope bot traditionellen Bebop. Mit Kim Clarke am Bass und Sylvia Cuenca am Schlagzeug hatte sie sich zwei Kolleginnen geholt, die schon bei der Band von Joe Henderson zusammengespielt haben. Bertha Hope pflegt eine kraftvolle, schnörkellose Spielweise, die durch ihre Klarheit und Wärme besticht.

Es ist zu hoffen, daß die „Women in (E)motion“ nicht auch der Sparpolitik zum Opfer fallen. Veranstalterin Petra Hanisch plant jedenfalls schon für das nächste Jahr. Arno Armgart

Von den ersten drei Festivals gibt es Konzertmitschnitte des eigens gegründeten Labels Tradition & Moderne: 1988 – „Amina Claudine Myers Trio“, 1990 – „Odetta“, 1992 – „Black Voices“. Alle im Vertrieb von „Indigo“ und allesamt empfehlenswert

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