Der Hüftschwung des Senators

■ Beim „Tag der Vereine“ in der Stadthalle zeigte jeder, was er so kann

Ist Skatspielen Sport? Egal, Hauptsache im Verein. Foto: Vankann

So etwas sieht man nicht alle Tage: Innen- und Sportsenator Friedrich van Nispen zog das Jackett aus und ließ gekonnt die Hüften kreisen. Unvermutet geschmeidig wiegte sich der FDP- Politiker mit weißem Hemd und Krawatte zum Aerobic-Rhythmus, neben sich die Prominenz von der Ehrentribüne, hinter sich die sportliche Jugend Bremens. Beim abendlichen Show-Programm des „Tages der Vereine“ am Samstag in der Stadthalle kamen auch die ZuschauerInnnen auf ihre Kosten.

Organisiert hatte den 4. „Tag der Vereine“ der Landessportbund, doch teilnehmen an der Selbstdarstellung des Vereinslebens konnten alle gemeinnützigen Vereine Bremens. Zwar stellten die 50 erschienenen Sportvereine die Mehrheit der Teilnehmer, aber auch Chöre und andere Vereine präsentiereten sich in der Stadthalle. Die Frage, ob Skat Sport sei, mußte daher

ebensowenig entschieden werden wie die Einstufung des „Royal Blue Vereins für Auarienfreunde“. Neben Clubs wie Werder Bremen, dem TUS Walle war auch Raum für „Außer Atem e.V.“, die „Deutsche Kakteen- Gesellschaft“, den „Bund der Berliner“ und den „Deutschen Frauenbund für alkoholfreie Kultur.“

„Es wäre schön, wenn wir diesen Tag zu einer regelmäßigen Einrichtung machen könnten, denn der letzte hat 1976 stattgefunden“, meinte Klaus Peter, Geschäftsführer des Landessportbundes, der an der Organisation der Veranstaltung seit Januar gearbeitet hatte. „Es soll ein Querschnitt durch das Bremer Vereinsleben sein und die Möglichkeit zur Selbstdarstellung bieten.“

Die nutzten die Clubs reichlich, doch von muffiger Vereinsmeierei fehlte am Samstag abend jede Spur. Viele Kinder waren

mit sichtlicher Begeisterung dabei, etwas vor einem großen Publikum vorzuführen oder sich fremde Vereine erklären zu lassen. Den Anfang der abendlichen Show machte der American Football-Club „Bremen Buccaneers“, die in einem Spiel die Helme aufeinanderkrachen ließen, daß die Zuschauer mitleidig von der Tribüne stöhnten. „Hart aber fair“, kommentierte Moderator Klaus Funke, als ein Fehlpaß in eine Gruppe kleiner Turnerinnen einschlug. Die direkte Konkurrenz der „Buccaneers“ um den rauflustigen Nachwuchs, die „Bremen Wolverines“, warben dagegen nur per selbstgemachten Videofilm für ihr Team. „Vielfraße“ übersetzte glaubhaft ein Spieler von der Statur eines Kühlschranks den Vereinsnamen.

Auch die Rhythmische Sportgymnastik kam nicht zu kurz im Programm — schließlich gibt es ein Bundesleistungszentrum für diese Sportart in Bremen. Das Programm wechselte Schlag auf Schlag: Sechs Rock–n Roll-Pärchen wetteiferten im Tänzerinnen-Weit- und Hochwurf und selbst die Chöre gaben sich sportlich: „So ein Tag, so wunderschön wie heute“, wie es im Repertoire keines Fußballfans fehlen darf.

Publikumslieblinge waren die Erstklässler bei der Judo-Abteilung des SC Vahr und beim Rollschuhlaufen. Während bei den kleinen Judokas mangels Masse das laute Aufschlagen auf der Matte nicht so recht klappen wollte, verbrachten die kleinen RollschuhläuferInnen ihre Zeit mit Winken, während ihre KollegInnen ihre Kreise zogen. Kleinholz schließlich gab es bei den Taekwon-Do-Kämpfern des TURA Bremen: immerhin vier KämpferInnen aus der Nationalmannschaft treten hier in Bremen für Deutschlands Ehre Holzbretter zu Sägespänen.

Zwischen den Programmen auf der Aktionsfläche war am Samstag auch Gelegenheit, neue Sportarten selbst auszuprobieren. Neben Torwand- und Eisstockschießen gab es Rollstuhlhockey und Rollstuhltanz ebenso wie Japanisches Bogenschießen. In einem Wasserbassin machten die Kanusport-Freunde ihre Feuchtübungen.

Im Abendprogramm schließlich verursachten die SportlerInnen vom RV Arbergen den ZuschauerInnen feuchte Handflächen allein vom Hingucken: Freihändig fahren, auf dem Sattel stehen, auf dem Lenker sitzen, nur auf dem Hinterrad balancierend, das Vorderrad in der Luft,gar auf dem Einrad unterwegs — all der Unsinn, der den Kindern in der Verkehrserziehung ausgetrieben wird. Und alles ohne Licht und Klingel! Friedrich van Nispen, Herr über alle Verkehrspolizisten in Bremen, wird es mit Stirnrunzeln gesehen haben.

Bernhard Pötter