Sanssouci: Vorschlag
■ Sister Double Happiness im Huxley's jr.
Also schlagen wir das nächste Kapitel amerikanischer Rockmusik auf, ungefähr das, na, 34. oder 35. Gary Floyd, Sänger und 41jähriges ehrwürdiges Haupt der Sister Double Happiness, war schon eine kleine Legende mit den Dicks, einer Punkband, die in den frühen Achtzigern mit ihren Auftritten und mit sehr furchterregenden EPs wie „The Dicks Hate The Police“ Staaten unsicher machten. Die Dicks entwickelten sich aber zusehends in Richtung progressiver Rock, und so war ihre letzte Platte logischerweise ein Fall für das SST-Label, genauso wie Floyds dann neu entstehende Band Sister Double Happiness, die 1988, zur Hoch-Zeit der SST-Blüte, ihr selftitled-Debüt geben konnte.
Rein instrumentell ein Destillat aus Punkeinflüssen und Blues-Rock-Wurzeln britischer Prägung, bestach diese Veröffentlichung größtenteils durch das stimmliche Organ Gary Floyds – mächtig und hast-du-noch-nicht-gehört! Doch bald schon war erst mal Schluß, und Sister Double Happiness gehörten schon fast in die historische Ablage der Rocklexikon-Schreiber: Gary Floyd hatte sich in ein buddhistisches Kloster verabschiedet, um Einkehr zu halten oder gar die Erleuchtung vor dem Herrn und Meister zu erlangen. Als er dann doch zurückkehrte, reorganisierte der Swami Sister Double Happiness zusammen mit der von Beginn an am Schlagzeug trommelnden Lynn Perko und angelte sich für „Heart And Mind“ sogar einen Major Deal. Rock hieß nach wie vor das Zauberwort. Es bot aber genug Gelegenheit, um auch ein wenig Vielfalt in Form von Balladen einzustreuen und hie und da Country-Elemente zu plazieren. Manche Leute gewannen mit „Heart And Mind“ ihren Glauben an die Rockmusik zurück, andere weniger, in diesem Fall die Leute der Plattenfirma, die es kaum für nötig hielten, in Europa einen ordentlichen Vertriebsweg für diese Platte zu schaffen.
So signte schließlich das SubPop-Label Sister Double Happiness, und eine für beide Seiten sicher fruchtbare Beziehung ist im Entstehen. „Uncut“ heißt das Album, das zeigt, daß „Alternative“ immer noch ein wenig anders sein kann, daß es in San Francisco nicht nur eine Folkszene gibt und daß klassisch-reduktionistische Rockmusik plus stimmliches Charisma immer noch mal mit einer Wiederauferstehung beglückt werden kann. Gerrit Bartels
Sister Double Happiness: 21 Uhr im Huxley's jr.
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