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Clinton erteilt Bosniens Präsident Abfuhr

■ US-Präsident lehnt Forderung nach stärkerem militärischem Druck auf Serben ab

Washington/Sarajevo/Zagreb (dpa/AP/taz) – Die USA lehnen es ab, den Serben unter Androhung von militärischer Gewalt ein Ultimatum zu setzen, um die Belagerung Sarajevos zu beenden. Dies machte Präsident Clinton dem bosnischen Präsidenten Izetbegović, der solches gefordert hatte, bei einem Treffen in Washington deutlich. Clinton erklärte, die bosnischen Muslime versuchten, einen „akzeptablen Frieden“ zu erreichen, und sagte dazu lediglich: „Das werden wir unterstützen.“ Er versicherte Izetbegović, die USA würden ihren Druck auf Serben und Kroaten aufrechterhalten, damit sich diese am Verhandlungstisch konzessionsbereiter zeigten. Es gebe jedoch derzeit in der Nato keine Unterstützung für ein bewaffnetes Eingreifen. Izetbegović hatte zuvor vor Journalisten eine US-Beteiligung an friedenssichernden Maßnahmen als „wesentlich“ bezeichnet.

Bei informellen Beratungen im UNO-Sicherheitsrat hatte Izetbegović zuvor eine Verlegung der Bosnien-Gespräche von Genf nach New York verlangt und seine Bereitschaft zu einer neuen Runde bekundet. Ein Friedensabkommen müsse von der EG, dem UNO-Sicherheitsrat und den USA als Teil der Nato garantiert werden. Clinton sagte nach seinem Treffen mit Izetbegović, ein Friedensabkommen müsse von der Nato garantiert werden, nicht von der UNO. In diesem Fall seien die USA zur Entsendung von Soldaten bereit. Damit will Washington offenkundig seinen Kommandoeinfluß auf eigene Friedenstruppen sicherstellen.

In den Kriegsgebieten haben neue schwere Kämpfe in Bosnien und Artillerieduelle entlang der Waffenstillstandslinien in Kroatien die Situation weiter verschärft. In Bosnien konzentrierten sich die Kämpfe in erster Linie auf die bosnisch-kroatische Front. In Norden Bosnien-Herzegowinas tobten nach serbischen Angaben am Donnerstag Kämpfe zwischen „angreifenden“ Moslems und serbischen „Verteidigern“. Heftige Gefechte und Artillerieduelle am Donnerstag in Kroatien, die sich über knapp 100 Kilometer entlang der von UNO-Soldaten überwachten Waffenstillstandslinien erstreckten, wurden von westlichen Beobachtern als „logische Folge“ tagelanger Zusammenstöße der Kroaten mit serbischen Freischärlern aus den besetzten Gebieten des Landes bewertet. Die Lage entlang der Waffenstillstandslinien hatte sich verschärft, als am Vortag bei einer Trauerfeier der kroatischen Armee drei Menschen durch eine Sprengstoffladung ums Leben gekommen waren. Die Regierung in Zagreb betrachtet Serben als Drahtzieher des Anschlags in der westslawonischen Stadt Kusonje, die direkt am Rande der UNO- Schutzzone West liegt.

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