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Atommüll soll ins umstrittene Morsleben

■ Endlagergesellschaft gibt Berlin vorläufige Zusage bis 1999 / Jährlich 80 Kubikmeter Strahlenmüll / Grüne protestieren

Berlins schwach und mittelradioaktiv verseuchter Abfall soll im umstrittenen Atommüllager Morsleben (Sachsen-Anhalt) zwischengelagert werden. Dies geht aus einem Bericht des Senats an das Abgeordnetenhaus hervor. „Es gibt bereits eine vorläufige Zusage der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbH, endlagerungsfähige radioaktive Abfälle zu übernehmen und im Endlager Morsleben einzulagern“, heißt es in dem Papier, das der taz vorliegt. Weder rechtliche noch sicherheitstechnische, sondern lediglich finanzielle Probleme müßten noch geklärt werden, weil eine notwendige Gebührenordnung ausstehe. Eine endgültige Zusage erwartet der Senat noch in diesem Monat.

Bei dem Atommüll handelt es sich um schwach- und mittelradioaktive Abfälle aus den Universitäten, Bundesanstalten, Krankenhäusern, der Industrie sowie von Arztpraxen und der Landessammelstelle. Sie befindet sich auf dem Gelände des HMI (Hahn-Meitner- Institut). Im vergangen Jahr fielen in diesen insgesamt 600 Berliner Einrichtungen 89 Kubikmeter Atommüll an. Das Land Berlin ist durch das Atomgesetz verpflichtet, den anfallenden Strahlenmüll „endlagergerecht“ zu sortieren, aufzuarbeiten und so lange zwischenzulagern, bis er in ein Endlager des Bundes abgeliefert werden kann.

Doch wie die taz im Oktober vergangenen Jahres veröffentlichte, laufen die Kapazitäten in der dafür zuständigen Zentralstelle zur Behandlung und Beseitigung radioaktiven Abfalls (ZRA) auf dem Gelände des HMI über. Schon damals war der Platz von 1.400 Fässern à 200 Liter bereits zu neun Zehnteln ausgeschöpft. Der Grund für das überraschende Überlaufen des Atomklos war die Wiedervereinigung. Denn seitdem müssen auch die Institute und Betriebe Ostberlins ihre strahlenden Abfälle bei der ZRA abliefern.

Wissenschaftssenator Manfred Ehrhard (CDU) kündigte damals an, mit dem Bau einer Lagerhalle die Kapazität um 900 Fässer zu erhöhen. Seitdem verhandelt Berlin auch mit dem Land Brandenburg über ein gemeinsames Zwischenlager. Doch einen Standort für ein Lager haben beide Länder bisher nicht gefunden. Sollte der erwartete Morsleben-Vertrag in letzter Minute doch scheitern, müsse die Lagerhalle auf dem HMI bis „spätestens Ende 1994“ fertiggestellt sein, heißt es in dem Senats-Bericht.

Die Morsleben-Pläne stoßen bei den Grünen auf heftige Kritik. Die Salzstöcke östlich von Gorleben seien „in keiner Weise ein genehmigungsfähiges Endlager“. Denn mittelfristig drohe eine weiträumige, radioaktive Verseuchung des Grundwassers, sagte Hartwig Berger, umweltpolitischer Sprecher. Greenpeace habe zu Recht die Eingänge des Lagers vor kurzem für zwölf Tage blockiert. Jetzt räche sich, daß der Senat seit Jahren kein Vermeidungskonzept entwickelt habe. Denn das Atomlager Morsleben ist nur bis 1999 genehmigt, eine Verlängerung der Betriebserlaubnis sei wegen Sicherheitsbedenken unwahrscheinlich, sagte Berger. In diesem Fall müßte Berlin seinen Müll ab dem Jahre 2000 sowieso zurücknehmen. Dirk Wildt

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