Länder: Bahnregionalisierung billiger

Länder geben sich mit weniger Geld zufrieden / Aber Nachrüstung der Bahn-Infrastruktur müsse auf Kosten des Bundes erfolgen / Niedersachsens Verkehrsminister vergrätzt  ■ Von Hermann-Josef Tenhagen

Berlin (taz) – Die Regionalisierung der Bundesbahn soll die Bundesregierung weniger kosten als bislang gedacht. Die meisten Bundesländer rückten wenige Tage vor der entscheidenden Verkehrsministerkonferenz in Berlin von ihrer Forderung nach einer Geldspritze von 14 Milliarden Mark jährlich für die Übernahme der Verantwortung im Bahnregionalverkehr ab. Statt dessen wollen sie sich erst mal mit 7,7 Milliarden Mark plus einer ungenannten Summe für die Modernisierung der regionalen Bahn- Infrastruktur zufriedengeben.

Der baden-württembergische Verkehrsminister Hermann Schaufler (CDU) sagte gestern, ein Kompromiß mit dem Bund zeichne sich für die Jahre 1994 bis 1997 ab. Es liege an Bonn, diesen Vereinbarungen zuzustimmen. Er könne sich aber kaum vorstellen, daß die Bundesregierung die Bahnreform jetzt noch an Erbsenzählerei scheitern lassen wolle.

Schauflers Vorstoß geht auf ein Konzept zurück, auf das sich die Bundesländer Hamburg, Berlin, Baden-Württemberg, Bayern, NRW, Hessen und Sachsen in einer Arbeitsgruppe geeinigt hatten. Baden-Württemberg sitzt der Arbeitsgruppe vor.

Danach zahlt der Bund vorerst jährlich 7,7 Milliarden Mark an die Länder für die Subventionskosten des Schienenregionalverkehrs. Bisher hat der Bund diese Kosten getragen. Gleichzeitig stellt der Bund sicher, daß die Bahnen für diesen Preis bis 1997 den derzeitigen Standard im Schienennahverkehr gewährleisten. Bis 1998 soll der wahre Subventionsbedarf der Regionalbahnen genau errechnet werden und dann als Basis künftiger Geldtransfers vom Bund an die Länder dienen. Zur Finanzierung eigne sich die Mineralölsteuer.

Darüber hinaus verlangen die Länder vom Bund eine Zusage, daß Bonn die vorhandene Infrastruktur im Regionalverkehr der Bahnen modernisiert und die Mittel im Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz erhält, die eine Abstimmung des örtlichen Nahverkehrs auf den Regionalverkehr der Bahnen erlauben.

„Das Ganze ist ein Paket“, so Schauflers Sprecher Harald Klöppner gestern. Die 14-Milliarden-Forderung sei aber passe. „Die Einigung wird irgendwo zwischen den 7,7 Milliarden des Bundes und den 14 Milliarden liegen.“

Das Paket birgt allerdings noch erheblichen Konfliktstoff. Vor allem: Konkretes über den Umfang der Modernisierung ist noch nicht abgesprochen. „Die Länder sollen ein Unternehmen übernehmen, dessen Zustand nicht befriedigend ist“, hieß es im NRW-Verkehrsministerium. Das Schienennetz und die Infrastruktur müßten im Osten erst mal in einen annehmbaren Zustand gebracht werden. Und das – so vermuten Experten – koste deutlich mehr Geld, als die Verkehrspolitiker von Bund und Ländern heute zugeben mögen.

Ärger macht auch Schauflers Vorpreschen: Das Paket „ist im Haus noch nicht einmal bekannt und auch nicht mit uns abgestimmt“, schimpfte gestern die Sprecherin des niedersächsischen Verkehrsministers, Chris Förster.

Politisch sind die Bundesländer in einer komfortablen Situation. Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) muß zur Umsetzung der Bahnrefom das Grundgesetz ändern lassen. Dazu braucht er eine Zweidrittelmehrheit auch im Bundesrat – also die Zustimmung der Länder.