: 680 Koffer mit Erinnerungen
■ Berlin kaufte Marlene Dietrichs Nachlaß: Jahrhundertschatz der Filmgeschichte mit 100.000 Gegenständen
Der bedeutendste und umfassendste Schauspielernachlaß der Filmgeschichte kommt nach Berlin: Kultursenator Ulrich Roloff- Momin erwarb beim New Yorker Auktionshaus Sotheby's für fünf Millionen Dollar mehr als 100.000 Gegenstände, die mit dem Leben und der künstlerischen Arbeit von Marlene Dietrich in den Jahren von 1910 bis 1990 zusammenhängen.
Der Nachlaß soll Ende Oktober nach Berlin kommen und von der Deutschen Kinemathek betreut werden, die ihn auch der Öffentlichkeit zugänglich machen will. Seinen endgültigen Platz soll er in dem geplanten Filmmuseum am Potsdamer Platz finden.
Der „Jahrhundertschatz“ der Filmgeschichte umfaßt 680 Koffer, Kisten und Schachteln. Sie wurden in acht verschiedenen Depots in Frankreich und den USA aufbewahrt und erst nach ihrem Tod im Mai 1992 geöffnet.
Zum Nachlaß gehören unter anderem das Plüschsofa, auf dem sich die Dietrich bei Aufnahmepausen in den Paramountstudios ausruhte. Ferner ihr Schminkkoffer, den sie in den dreißiger Jahren auf Reisen benutzte, sowie Einladungskarten zu Filmpremieren. Die weiße Stola aus Schwanenfedern, die sie bis in die siebziger Jahre bei ihren Showauftritten auf der Bühne trug, ein Zirkusfrack, 160 Paar handgefertigte Schuhe und eine Pistole, die ihr im Krieg US-General Gavin geschenkt hatte, finden sich ebenfalls im Nachlaß.
Weiter gehören dazu die Tagebücher der Dietrich, über 10.000 Fotos, zahlreiche Kostüme und Requisiten aus weltbekannten Filmen wie „Der blaue Engel“, „Marocco“ und Billy Wilders „A Foreign Affair“ sowie Drehbücher und ihre Korrespondenz mit Freunden und Kollegen wie Ernst Lubitsch, Alfred Polgar, Erich Maria Remarque und Josef von Sternberg. Das von dem Star systematisch angelegte Archiv dokumentiert ihr Leben von der Schulzeit in Berlin (mit der von ihr so geliebten Geige) über die ersten Erfolge in der Weimarer Republik und den Höhepunkten ihrer Karriere in den USA bis zu den letzten Pariser Tagen.
Zu dem „alle bislang gekannten Dimensionen sprengenden Materialreichtum“, wie es die Deutsche Kinemathek formulierte, gehören auch der Schmuck und Geschenke von Freunden wie Ernest Hemingway, Douglas Fairbanks jr. und Jean Gabin sowie ihre Abendgarderobe mit Modellen von Coco Chanel, Pierre Cardin und Berliner Modehäusern der zwanziger Jahre. Auch der Koffer, mit dem die Dietrich 1930 Berlin verließ, das Manuskript ihrer Autobiographie und die berühmte „singende Säge“, die sie auf ihren Tourneen bei den amerikanischen Truppen spielte, kommen nach Berlin.
„Die Familie hält nichts zurück“, sagte Dietrich-Tochter und Alleinerbin Maria Riva, „alles soll der Öffentlichkeit einmal zugänglich sein.“ Darum gehe der Nachlaß auch nach Berlin, „in meine Geburtsstadt und in die Stadt, in der meine Mutter geboren und beerdigt wurde“. dpa
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