■ Rechtsradikale planen erneut Aktion im hessischen Fulda: Wiederholungstäter
„Fliegendreck auf Fuldaer Porzellan“ nannte Erzbischof Dyba die hessische FDP nach einer engagiert geführten Debatte um die Elimination des Paragraphen 218 im Wiesbadener Landtag. Und dieser „Dreck“ – so Dyba wörtlich – könne bei den nächsten Wahlen leicht wieder „abgewischt“ werden. Ob das „Flammenschwert Gottes“ auch den großen braunen Fleck, der seit dem 14. August 1993 das Image der Domstadt Fulda verunziert, wieder wegwischen kann (oder will), ist mehr als nur fraglich: Als vor knapp fünf Wochen Alt- und Neofaschisten auf seinem Domplatz (Reichskriegs-)Flagge zeigten, hing Dyba – wie gewohnt – am Abendglockenseil. Oberbürgermeister Homberger (CDU) hatte zuvor eine mit „deutschem Gruß“ gezeichnete Demonstrationsanmeldung der im Verfassungsschutzbericht des Landes als „neofaschistisch“ bezeichneten und vor einer Verbotsverfügung stehenden FAP reaktionslos ins Ablagekörbchen gelegt. Und die Ortspolizei geleitete – nach freundlichem Dialog mit FAP-„Gauleiter“ Heise – die Heß-Pilger sicher durch die Stadt.
„Unsere Ehre heißt Treue“, lautet eine ihrer Losungen. Und wenn einem soviel Gutes widerfährt – dann ist das eine Wiederholung wert: Heute wollen die „Jungen Nationaldemokraten“ in Fulda gegen das Reichskriegsflaggenverbot diverser Bundesländer demonstrieren. Zwar hat Oberbürgermeister Homberger diesmal die Anmeldung für diese Kundgebung auf dem Domplatz mit anschließendem Zug durch die Stadt nicht wieder ins Ablagekörbchen gelegt, sondern eine Verbotsverfügung gezeichnet – doch ohne Rechtsmittelbelehrung. Begründet hat er das Verbot mit dem Verweis auf die zu erwartenden „gewaltbereiten Gegendemonstranten“. Daß die demonstrationswilligen Rechtsradikalen – nach den Erfahrungen vom 14. August – wieder mit stilisierten Hakenkreuzen auf den Bomberjacken, FAP- und verbotenen Reichskriegsflaggen in den Händen und volksverhetzenden Sprüchen auf den Lippen durch seine Stadt ziehen werden, war Homberger dagegen in der Verbotsverfügung keine Zeile wert.
Die verheerenden Folgen des rechtsstaatlichen Vakuums am 14. August in Fulda werden sichtbar: Die rechtsradikalen Parteien und Vereinigungen sind dabei, die ihnen aus falsch interpretierten Deeskalationsstrategien, politischer Blindheit und auch (vereinzelt) Nachsichtigkeit zugestandenen Freiräume zu verteidigen. Falls es der NPD oder den „Jungen Nationaldemokraten“ an diesem Wochenende gelingen sollte, entweder den avisierten Bundesparteitag oder das angekündigte Reichskriegsflaggenspektakel in Szene zu setzen, wäre diese wiederholte Blamage für den Rechtsstaat nicht mehr nur eine Panne. Ein erneuter Triumph der braunen Brunnenvergifter käme einem Offenbarungseid von Exekutive und auch Legislative gleich – mit noch fataleren Folgen für die labile mentale Befindlichkeit der Nation. Klaus-Peter Klingelschmitt
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