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Ein Paragraph läßt Hoffnung schöpfen

■ Neue Runde im Rechtsstreit um die Hamburger Hafenstraße dank des Bürgerlichen Gesetzbuchs

Hamburg (taz) – Neue Hoffnungen für die BewohnerInnen der Hamburger St. Pauli Hafenstraße. Der Ausgang des unendlichen Rechtsstreits um die Räumung der Häuserzeile vor dem Landgericht ist nach der gestrigen Verhandlung wieder offen.

Grund: seit dem 1. September 1993 ist der neue Paragraph 549a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in Kraft, der generell Untermietern bei Kündigung eines „gewerblichen Zwischenmietvertrags“ umfassenden Kündigungsschutz einräumt.

Somit könnte ein Rechtsentscheid des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG) vom 16. April dieses Jahres hinfällig sein. Richterin Inge Walter-Greßmann: „Isoliert betrachtet, wären wir an diesen Rechtsentscheid gebunden, es stellt sich aber die Frage, ob der Rechtsentscheid nicht zwischenzeitlich überholt ist.“

Dabei schien im April bereits die Räumung besiegelt. Obwohl das Bundesverfassungsgericht (BVG) im Juli 1991 entschieden hatte, daß Untermieter bei Kündigung eines gewerblichen Zwischenmietvertrags automatisch zum Hauptmieter werden, hatte das OLG den Hafenstraßlern nach der Pachtvertragskündigung keinen Schutz zukommen lassen. Begründung: Der „Pachtvertrag Hafenstraße“ werde von dem BVG- Votum, wo es um Bauherrenmodell ging, nicht erfaßt.

Zudem habe es sich bei dem Hafenstraßen-Kontrakt um „eine besondere Form der Zwischenvermietung“ zwecks friedlichem und selbstbestimmtem Leben gehandelt. Zuvor hatten neun von elf Amtsgerichte und zwei Landgerichte die Räumungsklagen der stadtstaatlichen Hafenrand GmbH unter Hinweis auf den Karlsruher Richterspruch abgewiesen.

In der neuen Runde der Prozesse geht um die Räumung von 19 Wohnungen. Aufgrund der neuen Rechtslage kündigte das Landgericht nun an, nochmals zu überprüfen, ob durch den neuen Paragraphen 549a BGB nicht eine neue Rechtslage eingetreten ist. Walter- Greßmann: „Damit stehen wir wieder vor dem Problem, war das ein gewerbliches Zwischenmietverhältnis oder nicht?“

Denn der Gesetzgeber hat die Definition „gewerblich“ mittlerweile nicht mehr nur auf die sogenannten Bauherrenmodelle beschränkt, sondern wesentlich umfassender geregelt. Daher ist für Hafenstraßen-Anwalt Jens Waßmann der Fall klar: „Die Vertragskonstruktion war auf Gewinn ausgerichtet und daher war es ein gewerblicher Vertrag.“

Ein weiterer entscheidender Punkt ist die Frage, ob der neue Mietparagraph rückwirkende Gültigkeit hat. Während Hafenrand- Boß Wolfgang Dirksen davon ausgeht, daß der Paragraph 549a BGB erst ab 1. September 1993 Gültigkeit habe, geht Hafenstraßen-Anwalt Jens Waßmann davon aus, daß der Gesetzgeber ausdrücklich eine „Rückwirkung“ gewollt habe, da er sonst einen Stichtag – wie im Mietrecht üblich – genannt hätte.

Das Gericht wird am 5. November sein Urteil verkünden. Es könnte allerdings sein, daß der Hafenstraßen-Konflikt zuvor bereits politisch beigelegt wird. Denn die GAL fordert als Bedingung für eine rot-grüne Koaltion den Erhalt der Hafenstraße, während der angeschlagene SPD-Bürgermeister Henning Voscherau weiter an Räumung und Abriß festhält. Kai von Appen

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