: Gefangene freigelassen
■ Streit zwischen Kroaten und Muslimen im belagerten Sarajevo
Zagreb/Belgrad (AFP/AP/dpa) Die bosnischen Kroaten haben über 500 muslimische Gefangene aus dem Lager Dretelj bei Mostar freigelassen. Unter Aufsicht des Roten Kreuzes wurden die Muslime auf die Adria-Inseln Korcula und Pag gebracht. Die Abfahrt hatte sich verzögert, da Kroatinnen den Ausgang blockierten und verlangten, daß auch Kroaten aus den muslimischen Lagern entlassen werden. In Dretelj sollen weiterhin rund 1.000 Gefangene sein.
In der Nacht zu gestern gerieten Teile von Sarajevo wieder unter heftigen Beschuß. Dabei wurde ein französischer UN-Soldat schwer verwundet, zwei britische Blauhelme wurden in Vitez verletzt. Neue Kämpfe wurden auch aus Mostar gemeldet, wo bosnische Truppen eine Offensive begonnen haben, um eine Versorgungslinie zu über 50.000 eingeschlossenen Muslimen freizukämpfen.
Unterdessen soll zwischen den kroatischen und muslimischen Truppen in Sarajevo heftiger Streit entbrannt sein. Die kroatischen Einheiten wurden vom muslimischen Kommandeur aufgefordert, in ihre Kasernen zurückzukehren. Schon am Vortag hatten sich UNO-Truppen zwischen die beiden Einheiten gestellt, um Übergriffe zu verhindern. Offenbar haben die Kämpfe der Moslems und Kroaten in Zentral-Bosnien zu der Konfrontation in der bosnischen Hauptstadt beigetragen. Bisher hatten die beiden Verbände in Sarajevo gemeinsam gegen die serbischen Belagerer gekämpft.
In Washington hat US-Außenminister Warren Christopher den Dreiteilungsplan für Bosnien als die bestmögliche Lösung bezeichnet. Das Land müsse mit einem „sehr tragischen Winter“ rechnen, wenn die sich jetzt bietende Chance nicht ergriffen werde. Die US-Regierung habe dem bosnischen Präsidenten Alija Izetbegović erklärt, daß sie nicht die Absicht habe, ihn unter Druck zu setzen. Doch sei „eine vollkommene Regelung“ nicht möglich.
Die Serben verhandeln offenbar hinter den Kulissen über eine Aufhebung der Sanktionen gegen Restjugoslawien (Serbien und Montenegro). Der serbische Außenminister Vladislav Jovanović sagte laut Tanjug, China, Rußland und Frankreich hätten ihm zugesagt, im Falle eines Friedensabkommens sofort einen Antrag auf Aufhebung des UN-Embargos gegen Restjugoslawien zu stellen.
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