: Clinton hält den Daumen auf der UNO
■ Der US-Präsident hielt seine Jungfernrede vor der UN-Generalversammlung in New York
Washington (taz) – Bill Clinton gab gestern seine erste große außenpolitische Grundsatzerklärung vor der UNO-Generalversammlung in New York ab. Die Welt erlebe zur Zeit einen „Wendepunkt der Menschheitsgeschichte“, sagte er und verwies auf das Ende des Kalten Krieges, die Geburt von „Dutzenden“ neuer Demokratien, die „demokratische Zukunft“ Rußlands unter Boris Jelzin und den Frieden im Nahen Osten.
Er sei der erste US-Präsident, der nach der UNO-Gründung geboren wurde, beteuerte Clinton und wandte sich damit dem Thema zu, um das es eigentlich ging: Aufschlüsse über die Prioritäten der US- Außenpolitik. „Meine Regierung hat die Absicht, sich weiterhin zu engagieren und eine Führungsrolle zu spielen“, sagte er und bezeichnete Isolationismus als „Gift“.
Der Präsident stellte eine Reihe von neuen, harten Vorbedingungen für die zukünftige Entsendung von US-Soldaten zur Teilnahme an Peace keeping-Operationen der UNO. Dazu gehören: Im Einsatzgebiet muß ein Waffenstillstand in Kraft sein; es muß zuvor der Zeitpunkt für das Ende der Operation vereinbart sein; gesichert sein muß die Finanzierung sowie eine führende Rolle – wenn nicht gar der Oberbefehl – für US-Militärs in der Kommandostruktur der Operation.
Was das für derzeitige und geplante UNO-Missionen heißen könnte, läßt sich nur erahnen. In Washington wird inzwischen nicht mehr ausgeschlossen, daß an diesen Bedingungen letztlich die bislang von Clinton zugesagte Stationierung von 25.000 Soldaten im Rahmen einer von der Nato gestellten UNO-Friedenstruppe in Bosnien scheitern könnte – zumal wenn sich die USA und ihre Nato-Verbündeten weiterhin nicht über wesentliche Fragen dieser Operation einigen können.
Das zweite wichtige Thema der Rede war die Sorge der USA vor einer unkontrollierten Ausbreitung atomarer Waffen. Clinton schlug einen internationalen Vertrag vor, mit dem die Produktion von angereichertem Uran und die militärische Nutzung von Plutonium „für immer“ verboten werden solle. Alle Atommächte sollten das bestehende Atomtestmoratorium einhalten. Dieser Appell war vor allem an China gerichtet, das nach US-Auffassung neue Atomtests vorbereitet.
China war noch auf eine andere Weise Thema in New York. Die Außenminister der beiden Olympiaverlierer, Qian Qichen und Klaus Klinkel, übten am Rande der Vollversammlung den Schulterschluß. China spiele in der deutschen Asienpolitik eine zentrale Rolle, sagte Kinkel und erhielt die Zusage, Peking unterstütze den deutschen Wunsch nach einem ständigen Sitz im UNO-Sicherheitsrat. azu
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