: Licht ohne Aufheller
■ IRRTURM, Zeitschrift von Psychiatriebetroffenen, mit dem Thema „Psychopharmaka“
Es geht um Imap, Stangyl, Neurax, Haldol, Neurocil, Oxazepam, Timonil, Aponal, Decentan ... Das sind Psychopharmaka, die von Ärzten solchen Menschen gegeben werden, deren Seelen aus irgendwelchen Gründen durcheinander gekommen sind: Verrückten. Weitgehend haben sie die offensichtlicher inhumanen Behandlungsmethoden wie Fixieren und Elektroschock abgelöst. Sie stellen ruhig — mit meist gravierenden Nebenwirkungen. „Irrturm“, eine Zeitschrift von ehemaligen Psychiatrie-Insassen, hat sich in der neusten Nummer die Psychopharmaka zum Thema gemacht, unter der Fragestellung: „Aggressive Chemie oder Labsal für die Seele?“
Das Thema provozierte wie kaum ein anderes Betroffene, von ihren einschlägigen Erfahrungen Mitteilung zu machen, in meist sehr persönlichen und bewegenden Berichten. Daß die im Titel gestellte Fragen nicht rein suggestiv ist, merkt der Leser schnell: Die Haltung der mit diesen Mitteln Traktierten reicht von wilder Ablehnung bis zum Eingeständnis, daß man mit den Seelentröster ganz gut lebt.
Es geht von den deprimierenden autobiografischen Notizen der taz-Lesern schon bekannten Karin Lutter (“Von der Langzeitpsychiatrie nach Mallorca und nie wieder zurück“) bis zum Beitrag von Gisela Meyer „Ich nehme meine Krankheit an“, in dem ein recht autonomer Umgang mit einem Medikament gegen „Stimmen“ beschrieben wird. Gertrud Auf Dem Garten beschreibt, wie sie eine Depression ohne Medikamente bewältigte — Resultat: „Ich erlebte, daß ich in der Dunkelheit nicht zugrunde ging und daß das Licht am Ende des Tunnels eher zu erkennen ist, wenn man ohne 'Aufhellung' lebt.“ Es gibt den bitteren Aufsatz von Detlef Zylky, in dem er vor sich warnt als „chemisch verseucht“. Und Georg Hubrich hat eine mit viel Realität getränkte Farce geschrieben über einen, der sich im Krankenhaus gegen die Zwangsmedikation wehrt.
Zuletzt ist das Heft — das machen besonders die Beschreibungen der „Nebenwirkungen“, die die Patienten oft erst als solche stigmatisieren — ein klares Plädoyer gegen Psychopharmaka. Der Vorwurf: Die Mittel helfen zuallerst Ärzten und Pflegepersonal. Anderherum: Wer Mallorca im Blut hat, braucht keine Pillen. Bus
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