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Auftragsmord am Kurfürstendamm

■ Erschossener Düsseldorfer Anwalt sollte in Brandenburg als Liquidator millionenteure Grundstücke veräußern

Der 56jährige Düsseldorfer Rechtsanwalt Hans-Jürgen Lethgau ist am Dienstag am Kurfürstendamm vermutlich einem Auftragsmord zum Opfer gefallen, der in Verbindung mit Grundstücksgeschäften im Wert von mehreren Millionen Mark stehen könnte. Das teilte gestern der Leiter der ermittelnden Mordkommission, Karl Flohr, der taz mit.

Erste Vernehmungen der Ehefrau und der Sekretärin des Opfers hätten ergeben, daß Lethgau von einem Landgericht als Liquidator eingesetzt worden war, um die Grundstücke einer nicht näher genannten Gesellschaft zu veräußern. Die millionenteuren Liegenschaften befänden sich zum größten Teil in Brandenburg. Lethgau sei bereits am Montag mit einem PKW von Düsseldorf nach Berlin gefahren und im Hotel Cecilienhof in Potsdam abgestiegen. In Potsdam habe er auch den größten Teil seiner „geschäftlichen Unternehmungen“ zu tätigen und deshalb noch eine Vielzahl von weiteren Terminen geplant gehabt. Sein Besuch am Dienstag vormittag in einer Anwaltskanzlei am Kurfürstendamm 220 habe mit diesen Geschäften jedoch nicht in Verbindung gestanden.

Wie berichtet, war Lethgau am Dienstag gegen 9.30 Uhr gerade im Begriff gewesen, das Geschäftshaus Kurfürstendamm 220 zu verlassen, als er am Fahrstuhl im Foyer von einem bislang noch unbekannten Mann mit einer Pistole überrascht und niedergeschossen worden war. Mit letzter Kraft hatte es der schwer verwundete Anwalt noch geschafft, sich auf die Straße zu schleppen, bevor er dort tot zusammenbrach. Der als rund 35 Jahre alt und gepflegt aussehend beschriebene Täter war Zeugenaussagen zufolge durch den Hinterausgang in Richtung Meinekestraße geflüchtet. Wie die Kripo inzwischen ermittelt hat, hatte der Mann bereits um 8.45 Uhr in dem Hauseingang gewartet und hätte vermutlich schon zu dem Zeitpunkt geschossen, als Lethgau das Haus betrat. Daß der Anwalt in Begleitung war, habe ihn wohl daran gehindert, vermutet Ermittler Flohr.

Eine Springer-Zeitung zitierte die Ehefrau des Getöteten gestern mit den Worten: „Er war in Berlin, um eine Treuhandsache zu regeln. Es ging um die Rückgabe eines Grundstückes meiner Eltern.“ Dazu Flohr: Bei den Grundstücksveräußerungen hätten wohl auch „private Interessen eine Rolle gespielt“. Die Treuhandanstalt verwies gestern darauf, aus datenschutzrechtlichen Gründen und um den Ermittlungserfolg der Kripo nicht zu gefährden, würden keinerlei Auskünfte erteilt.

Hans-Jürgen Lethgau war viele Jahre Leiter der Rechtsabteilung bei der Fluggesellschaft LTU und seit Anfang '93 dem Vernehmen nach in einer Kanzlei an der Nobelmeile Königsallee in Düsseldorf selbständig. Plutonia Plarre

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