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Kommentar Manöver durchkreuzen

Auf Anhieb klingt's plausibel: Wenn ein Unternehmen in einer Region aufgrund von Tarifverträgen und hohen Sozialleistungen überproportional hohe Kosten hat, dann müssen diese Leistungen nach Kapitalistenlogik abgebaut werden, um die Standortnachteile auszugleichen. Doch diese Argumentation in den jetzigen „Minusrunden“-Debatten hat einen Pferdefuß: In diesem Tarifkonflikt geht es nicht darum, die Nachteile im Norden auszugleichen. Es geht um die zentrale Direktive, in allen Regionen das Tarifvertragssystem gleichermaßen in Frage zu stellen und Sozialabbau zu praktizieren.

Und da liegt der Hase im Peffer: Das Kapital will die jetzige Sozialabbau-Offensive der Bundesregierung zu nutzen, um seinerseits die sozialen Errungenschaften von 20 Jahre zu demontieren. Zur Kasse gebeten werden wieder einmal die lohnabhängigen Steuerzahler. Wir sollen nicht nur die Pflegeversicherung und den Solidarpakt bezahlen, sondern jetzt auch den Unternehmen dabei helfen, Min-dererträge durch Rezession und Inflationsrate auszugleichen, um die Kassen wieder zu füllen.

Die wirtschaftlichen Folgen sind immens. So werden aufgrund von Lohn- und Weihnachtsgeldklau nicht nur um 15 Prozent die Kaufkraft gesenkt und Arbeitsplätze vernichtet, sondern viele Teilzeitkräfte mit 1500 Mark brutto werden überdies in die Sozialhilfe getrieben. Daher muß dieses Manöver durchkreuzt werden.

Kai von Appen

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