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Müll vermeiden durch Plastik?

■ Institut für Recycling schickte zwei Familien mit Kunststoffbehältern einkaufen / Zweitägiger Fachkongreß

Vorbeugen ist besser als nachsorgen – diese Einsicht scheint sich langsam auch in der Abfallwirtschaft durchzusetzen. Das Berliner Institut für ökologisches Recycling (IföR) stellt jedenfalls auf seinem gestern begonnenen Fachkongreß zur ökologischen Abfallwirtschaft zahlreiche „Neue Wege ohne Abfall“ vor. Einen dieser „neuen Wege“ will eine auf dem zweitägigen Kongreß präsentierte Kurzstudie aufzeigen, die untersuchte, inwieweit durch die Benutzung von Kunststoffbehältern bei der alltäglichen Haushaltsführung eine Entlastung der Umwelt erreicht werden kann.

Jürgen Halberkath, wissenschaftlicher Mitarbeiter am IföR, erklärt den neuen Ansatz des Versuches: „Beim Sortieren von Müll wird das Einkaufen überhaupt nicht einbezogen.“ Das sollte bei der Kurzstudie des IföR anders werden. Den beiden am Versuch beteiligten Familien wurden jeweils zwölf Kunststoffbehälter zur Verfügung gestellt, insgesamt acht Wochen werteten die Forscher alle anfallenden Lebensmittelverpackungen aus. Im ersten Monat gingen die Familien, die aus zwei Erwachsenen und zwei Kindern bestanden, wie üblich ohne die mehrfach verwendbaren Plastikbehälter einkaufen, im zweiten Monat benutzten sie für ihre Einkäufe Polyethylen-Boxen.

Eine der Familien legte nach Angaben von Halberkath ein sehr viel umweltbewußteres Verhalten an den Tag, und zwar in beiden Phasen der Untersuchung. Besonders die Ernährungsgewohnheiten sorgten für unterschiedlich große Müllmengen: In der einen Familie wurden wesentlich mehr Fertiggerichte verzehrt, dadurch entstand zwischen den beiden Versuchsgruppen ein Gefälle von 60 zu 40 Prozent bei den Lebensmittelverpackungen.

Auf Dauer, sagt Jürgen Halberkath, könne das Müllaufkommen durch die Mehrfach-Behälter merklich reduziert werden. Besonders bei frischem Aufschnitt seien die Boxen gut zu verwenden. Stellt man allerdings die Herstellung der Behälter, die Abwasserbelastung und den Wasserverbrauch durch Reinigung in Rechnung, so könne es fünf Jahre dauern, bis sich der Einsatz „ökologisch auszahle“. Das eigentlich Bemerkenswerte an dem Versuch ist für Halberkath jedoch die Bewußtseinsveränderung, die mit dem veränderten Einkaufsverhalten einhergehe: „Den Familien hat die Sache Spaß gemacht, die Ernährungsgewohnheiten haben sich nach und nach verändert.“

Für eine erfolgreiche Abfallvermeidung sei diese Motivation sehr wichtig, aber auch die vorhandene Zeit und das persönliche Engagement spielten eine große Rolle. Beide Familien hätten berichtet, daß der müllvermeidende Einkauf sorgfältig geplant werden müßte. Dazu kommen die äußeren Bedingungen: Die eine Familie, so Halberkath, habe in ihrer Nähe lediglich einen Supermarkt und keine Einzelhandelsläden gehabt. Schon deshalb sei es ihr sehr viel schwerer gefallen, Müll zu vermeiden. Martin Böttcher

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