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Leistungssport oder Studium?

■ Ruder-Olympiasieger Michael Steinbach beendet seine Karriere aufgrund finanzieller Querelen mit dem Verband

Der Ruder-Olympiasieger im Doppelvierer von Barcelona, Michael Steinbach, beendet seine sportliche Karriere. „Ich sehe unter der gegenwärtigen Führung des Deutschen Ruder-Verbandes (DRV) keine Chance mehr für mich“, sagte der Hamburger am Dienstag. Der Hintergrund für die Entscheidung des 24jährigen ist der Ausschluß aus dem Bundes-Kader.

Vor wenigen Tagen hatte Michael Steinbach ein Schreiben von DRV-Sportdirektor Peter-Michael Kolbe erhalten. Wegen unzureichender Leistungen und fehlender sportlicher Perspektive sei der Student der Betriebswirtschaftslehre nicht mehr förderungswürdig, hieß es. „Die Begründung ist lächerlich. Zwar waren meine Leistungen seit Barcelona nicht gerade berauschend. Das lag wohl am Studium. Aber mit 24 bin ich doch noch kein Ruder-Oldie ohne Perspektiven. Ich weiß, daß ich wegen meiner kritischen Äußerungen als Bauernopfer hinhalten muß. Mündige Athleten sind im DRV nicht gefragt“, so Steinbach. Zu einem Gespräch zwischen ihm und Kolbe ist es bisher nicht gekommen – der Sportdirektor macht zur Zeit Urlaub.

Die Kritik Steinbachs richtete sich vor allem gegen den Führungsstil im DRV. Das ehemalige Ruder-As Peter-Michael Kolbe kenne sich an der Basis nicht mehr aus, dennoch treffe er Entscheidungen über die Köpfe der Aktiven hinweg. „Auch von Bundestrainer Lothar Trawiel ist keine Unterstützung zu erwarten“, meinte Steinbach. Trawiel weist alle Vorwürfe zurück: „Wir haben viele mündige Athleten im Team. Die Entscheidungen werden ausschließlich nach festgelegten sportlichen Regeln gefällt.“ Rechtzeitig habe er Steinbach noch eine Bewerbung für den sogenannten F-Kader (Härtefälle nach Krankheit oder ausbildungsbedingtem Trainingsrückstand) nahegelegt. Dafür jedoch war es – so Steinbach – bereits zu spät. Schon nach den Spielen in Barcelona hätte er sich anmelden müssen. Steinbach: „Damals habe ich noch nicht abgesehen, daß ich mit der Doppelbelastung Studium und Sport nicht das volle Trainingspensum absolvieren kann.“

Statt Rudertraining ist für Michael Steinbach jetzt allein das BWL-Studium angesagt. Da Hamburg ohne die Unterstützung der Sporthilfe für ihn „zum Leben einfach zu teuer“ ist, zieht es Steinbach zum Sommersemester zurück in seine Heimat am Bodensee. Dort hatte die sportliche Karriere begonnen: Zu den Erfolgen des 1,95 Meter-Mannes aus Überlingen zählt neben dem olympischen Gold der vierte Platz bei der Weltmeisterschaft 1991 und der Vize-Titel 1987 bei den Junioren. 1989, 1991 und 1992 wurde Steinbach zudem Deutscher Meister. In Barcelona gab es vom Nationalen Olympischen Komitee (NOK) für Michael Steinbach nicht nur Anerkennung für seine sportlichen Leistungen.

dpa

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