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Hingehalten und verarscht: wie unappetitlich

■ Wie die Finanzbehörde für Büros statt Wohnungen an der Gerstäckerstraße sorgte

Robert Leyba, Geschäftsführer der Robert Vogel-Kommanditgesellschaft, erfuhr aus der taz, daß sein Unternehmen abgeblitzt war. Die Immobilienfirma des abgetretenen FDP-Vorsitzenden wollte zwischen Gerstäckerstraße und Ludwig-Erhard-Straße, dort, wo ursprünglich das neue „Spiegel“-Verlagshaus gebaut werden sollte, knapp 300 Sozialwohnungen errichten. Die Finanzbehörde aber blockte ab, die zuständige Kommission für Bodenordnung vergab das Gelände drei Tage vor der Wahl an einen anderen Investor. Das traurige Resultat: Statt knapp 300 Sozialwohnungen werden an der Gerstäckerstraße nur 80 und weitere 40 freifinanzierte Wohnungen entstehen.

Am 26. Mai des vergangenen Jahres, der „Spiegel“ hatte aufgrund der AnwohnerInnenproteste gerade den Verzicht auf den Standort erklärt, wandte sich die Vogel-KG an die für die Grundstücksvergabe zuständige Liegenschaft der Finanzbehörde. Ihr Angebot: Wir „bewerben uns um das Grundstück und sind bereit, 250 – 300 Wohnungen im öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau unverzüglich zu errichten“.

Bereits Ende 1994, so rechneten die Vogel-MitarbeiterInnen vor, könnten die neuen Wohnungen bezugsfertig sein. Die Liegenschaft aber vertröstete die Immobiliengesellschaft des FDP-Häuptlings. Anfang September 1992 erklärte sie, sich „unaufgefordert“ wieder zu melden, sobald die „Vergabekriterien“ für das Grundstück feststünden.

Als nichts passierte, hakte Vogel im März 1993 nach und erfuhr, daß sich die Finanz- und die Stadtentwicklungsbehörde darauf geeinigt hätten, daß auf dem Gelände zu 60 Prozent Büroflächen und nur zu 40 Prozent Wohnungsbau untergebracht werden sollten. Für diesen Bereich aber, so versprach die Liegenschaft der Vogel-KG, „werden Sie selbstverständlich in das Auswahlverfahren einbezogen“. Aus der taz erfuhr die Immobilien-Firma schließlich, daß das Gelände am 16. September anderweitig vergeben worden ist: Die Schiffszimmerer-Genossenschaft und ein privater Investor dürfen jetzt hier Wohnungen bauen.

Für Vogel-Geschäftsführer Robert Leyba eine „unappetitliche Vergabepraxis“: Die Vogel-KG habe nicht einmal die Chance bekommen, konkrete Pläne einzureichen. Leyba: „Wir wurden erst hingehalten und dann verarscht“. Daß nun mehr Bürofläche als Wohnraum an der Gerstäckerstraße gebaut wird, hält Leyba für „Schwachsinn“: „In der Ecke gibt es ein totales Überangebot an leerstehenden Büroräumen, da werden Bauruinen produziert“.

Liegenschafts-Boss Heinz Schröder sieht das anders: „Ein leichtes Büro-Überangebot tut Hamburg gut, denn es erleichtert neuen Firmen die Ansiedlung“. Warum die Finanzbehörde Vogel wirklich abservierte, liegt auf der Hand: Stellt Hamburg ein städtisches Gelände für Bürobauten zur Verfügung, kassiert die Hansestadt rund viermal so viel wie beim Bau von Sozialwohnungen.

Die Proteste der AnwohnerInnen-Initiative, die durch mehr Wohnungsbau eine Verödung der Neustadt verhindern wollte, wiegen da ungleich leichter.Merkwürdig nur: Obwohl die Stadtentwicklungsbehörde (Steb) an dieser Stelle gern mehr Wohnungen gebaut hätte, war der Vogel-Vorstoß dort nie in der Diskussion; vielen Steb-MitarbeiterInnen war er gar nicht bekannt.

Und das, obwohl Steb-Oberbaudirektor Egbert Kossak von der Vogel-KG frühzeitig über die Sozialwohnungspläne in Kenntnis gesetzt wurde. Steb-Sprecher Tom Janssen schweigt sich zu diesen Vorfällen aus: „Kein Kommentar“.

Marco Carini

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