Laue Reform

■ Stärkere Kontrolle des Finanzwesens gehört zu den Glanzpunkten, die die Verfassungsreform bisher erbracht hat

Das Unternehmen „Land Berlin“ mit seinen Verwaltungen, Beteiligungen und Gesellschaften ist ein so weitverzweigter Konzern, daß die Abgeordneten allmählich den Überblick verlieren. Laut Verfassung hat der Senat „über die Einnahmen und Ausgaben der Haushaltswirtschaft und über Vermögen und Schulden [...] dem Abgeordnetenhaus im folgenden Jahr Rechnung zu legen“. Doch in Zeiten einer angespannten Haushaltslage kann sich eine solche Prüfung im nachhinein als zu spät und zu lax erweisen. Was passiert, wenn in Teilbereichen Verpflichtungen eingegangen oder Haftungen übernommen werden, die den Landeshaushalt unvorhergesehen über Jahre hinweg erheblich belasten?

Um diesem Problem zu begegnen, muß nach Ansicht der Vorsitzenden der Enquetekommission Verfassungsreform des Abgeordnetenhauses, Renate Künast, die parlamentarische Kontrolle auf neue Beine gestellt werden. Eines dieser Beine wird nach dem Willen der Enquetekommission der Rechnungshof sein, der zukünftig nicht mehr dem Regierenden Bürgermeister unterstellt sein soll, sondern „nur dem Gesetz unterworfen“ wird. Er soll eine permanente Kontrolle der Haushalts- und Vermögensrechnung gewährleisten. Sollte ein Unternehmen des Landes Haushaltauflagen der Parlamentarier nicht erfüllen, können diese Sanktionen verhängen.

Diese Änderung des Finanzwesens ist ein Teil der Verfassungsreform, an der die Enquetekommission seit nunmehr zwei Jahren arbeitet. Und die Neugestaltung des Haushaltsrechts hat gute Chancen auf Realisierung, was von einem Großteil der übrigen bislang beratenen Reformen nicht gesagt werden kann. So fehlt der beabsichtigten Stärkung der Bürgerbeteiligung bislang ebenso die erforderliche Zweidrittelmehrheit wie der Einführung eines politischen Bezirksamtes. Beides scheiterte am Widerstand der CDU, die auch bei der noch ausstehenden Debatte um die Erweiterung des Grundrechtskataloges und der Staatsziele wenig Bereitschaft zur Innovation zeigt. Zwar ist auch der CDU- Mann und Verfassungsgerichtspräsident Klaus Finkelnburg für eine Übernahme der Grundrechte in die Landesverfassung, doch hätte das nur die Konsequenz, daß Betroffene dann nicht mehr nach Karlsruhe gehen müßten, sondern das Landesverfassungsgericht anrufen könnten. Einer Aufnahme eines Diskriminierungsverbotes für sexuelle Orientierung und Behinderung fehlt bislang ebenso die Zweidrittelmehrheit wie der staatlichen Förderung der Gleichstellung von Mann und Frau. Als sicher gelten hingegen die Stärkung der Stellung des Regierenden Bürgermeisters im Senat und die Verfassungsänderungen zur Verwaltungsreform. Sollte es bei diesem mageren Ergebnis bleiben, überlegt sich Künast, ob sie im Frühjahr kommenden Jahres bei der Schlußabstimmung über die Verfassungsreform im Abgeordnetenhaus überhaupt die Hand hebt. Dieter Rulff