piwik no script img

Haitis Militär zeigt Aristide und den USA die Zähne

■ Bewaffnete Demonstranten verhindern UNO-Truppenlandung / Neue Sanktionen?

Berlin (taz) – Im Karibikstaat Haiti droht eine weitere UNO-Friedensmission zu scheitern, nachdem gewalttägige Demonstrationen von Anhängern des haitianischen Militärs am Montag die Landung einer ersten UNO-Truppe aus US-amerikanischen und kanadischen Soldaten verhindert hatten. Die Blauhelme, die eigentlich in der Hauptstadt Port-au-Prince an Land gehen wollten, mußten unverrichteter Dinge wieder umkehren: Das Hafenbecken war blockiert, auf dem Kai standen bewaffnete Milizionäre, in der Stadt wurden Journalisten und Diplomaten bedroht und Schüsse auf Passanten abgegeben. Gestern wartete der US-Marinetransporter „Harlan County“ weiter vor dem Hafen auf eine Anlegemöglichkeit.

Am Montag abend drohte der UNO-Sicherheitsrat mit neuen Sanktionen gegen Haitis Militär, falls die UNO-Truppen weiter nicht an Land gehen dürften. Das vor einiger Zeit aufgehobene Wirtschaftsembargo könnte wieder in Kraft treten, hieß es in einer Erklärung. Die USA stellten außerdem weitere Sanktionen in Aussicht. An eine militärische Landungserzwingung denken sie jedoch nach dem Debakel in Somalia offenbar nicht.

In der Kraftprobe zwischen Haitis Armee und der UNO steht der einzige freigewählte Präsident in der 189jährigen Geschichte des unabhängigen Haiti als machtloser Dritter da: Jean-Bertrand Aristide, Befreiungstheologe und Armenpriester, der im Januar 1991 zum Staatsoberhaupt gewählt wurde und Haiti aus der langen Nacht der Militärherrschaft herausführen sollte. Bereits im September 1991 wurde Aristide vom Militär gestürzt und aus dem Land vertrieben. Die seither eingerichtete Diktatur hat Tausende Haitianer das Leben gekostet und Zehntausende als „Boat People“ auf den lebensgefährlichen Seeweg Richtung USA getrieben; sie wurde international geächtet und mit einem Wirtschaftsembargo belegt. Am 3. Juli dieses Jahres schlossen Aristide und Armeechef Cédras ein Abkommen, wonach Aristide Ende Oktober als Präsident nach Haiti zurückkehren dürfe, das putschende Militär jedoch in den Genuß einer Amnestie kommen solle. Die Rückkehr des Präsidenten solle von der UNO mit 1.300 Soldaten, Polizisten und Beobachtern überwacht werden.

Die geplante UNO-Landung am Montag war ein erster konkreter Schritt in dieser Wiederherstellung der Demokratie auf Haiti. Die Armee hat gezeigt, daß sie sich dem zu widersetzen weiß. Aristides Chancen stehen schlecht. D.J. Seiten 8 und 10

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen