: Anschluß ans All Von Klaudia Brunst
Nicht, daß ich so ein richtiger Technik-Freak wäre. Es war mehr so eine Frage des medialen Dranbleibenwollens. Wenn alle immer über arte und Roger Willemsen reden, will ich nicht ahnungslos in der ersten Reihe hockenbleiben. Aber aus politischen Gründen ist unsere Hausgemeinschaft nicht verkabelt. Da bleibt nur eins: eine Satelliten- Schüssel. „Womöglich auf dem Balkon, damit unsere Nachbarn denken, da wohnt jetzt so'n rübergemachter Ostler“, empört sich meine Lebensabschnittsbegleiterin, „nicht mit mir.“
Als ich ihr aber listigerweise vom „Cartoon-Kanal“ erzähle, der den ganzen Tag Poppey-Abenteuer zeigt, gibt sie sich scnell geschlagen. Am langen Samstag also ziehen wir los, eine Salatschüssel kaufen.
Das Super-Sonderangebot eines großen Hi-fi-Studios hat es uns angetan. 289 DM, alles inclusive. Und dann immer Poppey gucken. „Tjä“, zerstört ein schnauzbärtiger Verkäufer unsere Illusionen, „könnse natürlich machen. Aber das sag' ich Ihnen gleich: ein kleiner Regen, und nix is mehr mit Poppey.“ So hatten wir uns den medialen Anschluß ins kommende Jahrtausend natürlich nicht vorgestellt.
Siebenhundert, so erklärt uns Herr Witkowski (das jedenfalls steht auf seinem Revers), müßten wir schon anlegen. Dann ist nämlich der Konverter auch gegen Witterungseinflüsse geschützt. „Und wenn's schneit?“ fragt meine Freundin, die immer etwas weiterdenkt. „Na ja“, muß Herr Witkowski zugeben, „den Schnee könnten Sie ja gelegentlich wegpusten.“ Letztlich rät uns Herr Witkowski dann aber doch zum Kabelanschluß, und wir wechseln aus politischen Gründen das Geschäft.
Im KaDeWe werden wir gleich viel zuvorkommender bedient. „Da hätten wir ein Kompaktangebot“, erklärt uns Herr Schröder, „den Amstrad SK 2000 E.“ Mit Doppelkonverteranschluß und vollautomatischer Kopierfunktion. „Und wie verhält er sich bei ungünstigen Wetterverhältnissen?“ versuche ich mich als Fachfrau zu profilieren. „Kein Problem“, weiß Herr Schröder, und er legt seine fleischige Hand ganz zart auf den aufstrebenden Konverterkopf, „da isser völlig abgeschirmt.“ Selbst ein richtiger Sturm kann dem Amstrad SK 2000 E nichts anhaben. Die Satellitenschale sieht nämlich aus wie ein Salatsieb. So findet der Wind dann keinen nennenswerten Widerstand, und die mühsam auf 19,2 Grad Ost eingepeilte Konverternadel verliert den Kontakt zum All nicht.
Das alles leuchtet uns ein, weniger allerdings der stolze Preis von 989 DM. Also doch wieder in eins dieser Elektroniklager mit den günstigen Preisen. Von dem Amstrad- Salatsieb wird uns hier dringend abgeraten, zuviel Empfangsverlust durch die vielen Löcher. „Wenn es da mal regnet...“ „Schon klar“, winken wir lässig ab, „wir nehmen den „Technisat-Original-Reciever mit bedienungsfreundlicher LCD-Anzeige und externem Lautstärkeregler. Und eine Voll-Alu-beschichtete Empfangsanlage mit abgeschirmtem Doppelkonverter.“
Das klingt jetzt schon richtig professionell. „O.k., möchten Sie eine schwarze oder eine weiße Schüssel?“ fragt der Verkäufer auf dem Weg ins Lager. „Macht das einen technischen Unterschied?“ will meine Freundin wissen, und hin ist das neue Selbstbewußtsein. „Nö“, grinst er uns nachsichtig an. „Das wäre dann nur eine Frage der Ästhetik.“
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