Bringt ihn die Firma um?

■ Ein Gespräch mit Sidney Pollack, dem Produzenten von „Die Firma“

taz: Stimmt es, daß Sie die Hauptrolle eventuell mit einer Frau besetzen wollten?

Sidney Pollack: Ja, mit dem Gedanken habe ich gespielt, denn ich fand es unglaubwürdig, daß es in den USA im Jahre 1993 noch eine Anwaltsfirma geben sollte, die keine weiblichen Anwälte beschäftigt. Außerdem fand ich es interessant, daß die Firma Mitch nicht nur metaphorisch verführt, sondern auch konkret. Aber ich konnte mit den Änderungen nicht so weit gehen, schließlich war der Roman ein Bestseller, und man kann dessen Leser nicht vor den Kopf stoßen.

Außerdem entspricht die Konstellation der Erfolgsformel der meisten Tom-Cruise-Filme: Er hat immer einen älteren Co-Star als Mentor.

Nun, ich weiß nicht, ob wir diese Formel so deutlich vor Augen hatten. Auf jeden Fall haben wir die Figur sehr verändert.

Stimmt es, daß Sie noch nie einen Film mit einem kompletten Drehbuch begonnen haben?

Absolut richtig. Das ist heutzutage natürlich mit einer unglaublichen Verantwortung verbunden, denn die Summen, die Filme mittlerweile verschlingen, sind ungeheuerlich: „The Firm“ kostete über 45 Millionen Dollar! Vor zehn, fünfzehn Jahren war man dankbar, wenn ein Film 20 oder 30 Millionen Dollar einspielte, denn im Schnitt kostete ein Film nicht mehr als sechs oder acht Millionen.

So schön es auch ist, daß „The Firm“ ein solch riesiger Erfolg geworden ist, ich betrachte das mit gemischten Gefühlen. Beim nächsten Film wird man wieder von mir erwarten, daß ich einen 150-Millionen-Dollar-Hit drehe. Dieser ganze Sommer war ja verrückt, noch nie ist in der Geschichte Hollywoods soviel Geld umgesetzt worden. Fünf Filme haben mehr als 100 Millionen eingespielt!

Mein Lieblingsdialog ist der Satz: „Nothing is ever real until I tell it to Abby“, weil er die Beziehung des jungen Ehepaares so treffend charakterisiert.

Ich wollte zeigen, daß er nicht wahrhaben will, was in der Firma vorgeht, und es ihr deshalb nicht sagt.

Dieses Motiv erinnert an „The three days of the Condor“, in dem Redford in eine Intrige gerät und auch erst aus einer Traumwelt erwachen muß.

Beide Filme ähneln sich darin, daß die Hauptfiguren in eine Falle geraten, wobei die bösen Mächte nicht sofort erkennbar sind. Ich fand das viel spannender und erschreckender, als nur eine Bedrohung durch physische Gewalt; es zeigt, wie korrupt die Institutionen, denen wir eigentlich vertrauen sollten, Regierung und Rechtssystem, geworden sind. In beiden Filmen müssen die Individuen ihren Verstand gebrauchen, um sich aus der Falle zu befreien.

Ein Unterschied ist, daß „The Firm“ ein „Hollywood-Ende“ hat.

Es fällt mir schwer, einen Film mit einem optimistischen Ende zu drehen. „Condor“ endet mit einem Fragezeichen, die meisten anderen Filme enden tragisch oder die Paare finden nicht zueinander. Ich glaube, „Tootsie“ war bisher mein einziger Film mit einem Happy- End. Sonst erringen die Figuren in meinen Filmen am Ende eher einen symbolischen Sieg. Die einzige Möglichkeit für mich, einen Plot wie den von „The Firm“ zu erzählen, war, mich auf die Geschichte eines Mannes zu konzentrieren, der sich seine Seele zurückerkämpft. Genauso, wie er seine Frau zurückerobern muß. Das ist ein Kreis-Schluß, den es im Buch nicht gab. Der Schlußteil hat mich nicht zufriedengestellt. Vielleicht liegt das optimistische Ende auch daran, daß ich meine Hoffnungen in die nächste Generation setzen möchte. Wahrscheinlich hätte ich kein Happy-End schreiben lassen, wenn der Film von einer Figur aus meiner Generation gehandelt hätte. Interview: Gerhard Midding