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Ein Punkt vor einem Abstiegsplatz

■ Es kriselt beim FC St. Pauli vor dem Heimspiel gegen den Tabellenführer VfL Bochum

Das Spitzenspiel wird zum Schicksalsspiel. Für den FC St. Pauli werden am Montag um 20.15 Uhr am Millerntor gegen den VfL Bochum die Weichen gestellt. Mit einer Niederlage gegen den Tabellenführer der 2. Fußball-Bundesliga (18:4 Punkte) könnten die Hanseaten (10:12) auf einen Abstiegsplatz abrutschen – ein Sieg würde die schwelende Krise der letzten Wochen mit 1:5 Punkten in Folge übertünchen. Der Krimi wird die passende Kulisse bekommen: Im Wilhelm-Koch-Stadion wird es den bisher besten Besuch der Saison geben, als erstes Zweitligaspiel dieser Serie wird das Duell sogar im Deutschen Sport-Fernsehen (DSF) live übertragen.

Der zuletzt bei den Kiez-Kickern offen ausgetragene Konflikt zwischen Trainer und Team ist erst einmal beigelegt. Nach einer vierstündigen „Elefantenrunde“ ist die Position von Coach Seppo Eichkorn zwar gefestigt. Doch die stärker werdende Kritik an seinem Führungsstil ist unüberhörbar: Nach seiner Auswechslung beim Tabellen-Zweiten München 1860 (0:1) nannte ihn der mit fünf Treffern beste Saisontorschütze Driller einen „Amateur“, der „für die letzten Punktverluste verantwortlich“ sei. Manager Jürgen Wähling, mit dem Eichkorn schon einmal zusammenrasselte, meinte: „München hatte nur Oberliga-Niveau und wir haben verloren.“ Eichkorns schwache Verteidigung: „Die Aggressivität fehlt. Ich verlange, daß mehr gearbeitet wird, aber man kann das Glück nicht erzwingen. Gegen Bochum können sich die Stürmer beweisen. Ich sehe uns zwei Punkte hinter dem fünften Tabellenplatz und nicht einen Punkt hinter einem Abstiegsrang.“

Statt dem zu Saisonbeginn angekündigten Neubeginn gibt es bei St. Pauli bereits nach dem 11. Spieltag die bekannten Probleme: Zuhause ordentliche Leistungen, auswärts seit dem 18. Juli 1992 in 27 Spielen aber ohne doppelten Punktgewinn. Bis auf Driller hat noch kein Stürmer in dieser Saison ein Tor geschossen und nach Spitzenreiter Bochum muß das Team zum unbequemen Wuppertaler SV. Präsident Heinz Weisener zog zunächst einen Schlußstrich unter die Misere, setzte aber die verunsicherte Mannschaft weiter unter Druck: „Wir haben den Schulterschuß geschafft. Die Zielsetzung bleibt aber das obere Tabellendrittel.“

Das einzig ruhige ist derzeit die finanzielle Lage des mit rund elf Millionen Mark verschuldeten Klubs: Aus der Übertragung der Partie gegen Bochum erhält St. Pauli 66 000 Mark. In dem zur Rettung erdachten Finanzierungsfonds sind bisher 2,1 Millionen Mark eingezahlt worden, bis zum Jahresende müssen es zwölf sein. „Wir sind im Soll“, versichert Vizepräsident Christian Hinzpeter. Doch die Situation trügt, denn eine weitere sportliche Krise wird den Verkauf der Anteile sicherlich nicht fördern.

dpa

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