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Deutsche sind immer noch Linsenmuffel

■ Contactlinsen-Institute und Ärzte haben sich nicht so gern / Bei trockenem Auge nicht empfehlenswert

In Bremen gibt es vier sogenannte Contactlinsen-Institute. Hier werden mit Hilfe neuester Instrumente und Techniken die ideale Linse für die jeweiligen Träger ausgesucht. Trotz erhöhtem Tragekomfort sind die Deutschen im Vergleich zu den AmerikanerInnen regelrechte Linsen-Muffel: hier tragen etwa 3 Prozent der Korrekturbedürftigen Linsen, in den USA sind es zwischen 10-12 Prozent. Auch in Holland ist man Contactlinsen-freudiger und mit 7 Prozent dabei.

Über die Einpassung der Linsen im Contactlinsen-Institut ist der Pressesprecher des Berufsverbandes der Augenärzte Doktor Georg Merle nicht so erfreut. „Die Institute haben wir nicht so gern. Nach unserem Postulat soll am besten alles in einer Hand bleiben, vom Beratungsgespräch bis hin zur Abgabe der Linsen“, sagt er. Es gäbe Bestrebungen seitens des Optikerverbandes, daß Augenärzte die Contactlinsen nicht mehr abgeben dürften. Zur Zeit ist es so, daß der Augenarzt die Linsen quasi ab Fabrik bekommt und anpaßt.

Auf dem Weg zum Contactlinsen-Institut erübrigt sich zunächst der Arztbesuch. „Was nutzt die große Technik, wenn die Optiker nicht krank von gesund unterscheiden können?“ fragt sich Merle. Seine Meinung ist, daß nur der Augenarzt prüfen kann, ob das Auge für eine Contactlinse geeignet ist. Hans- Hubert Hubben von einem der vier Contactlinsen-Institute in Bremen, teilt das Auge einfach in zwei Teile, den vorderen Augenabschnitt für den Optiker, und den hinteren für den Augenarzt. „Unsere Untersuchungen beziehen sich auf Linse, Hornhaut, Bindehaut, all das, was man mit dem Finger berühren kann.“ Merle dagegen findet, daß nur ein Augenarzt erkennen kann, ob das Auge zu chronischen Entzündungen oder zu dem heute weit verbreitetem „trockenem Auge“ neigt. Hubben ist der Meinung, daß seine Klienten ohnehin mindestens einmal im Jahr zum Augenarzt gehen.

Heutzutage kosten weiche genauso viel wie harte Contactlinsen. Die weichen Linsen sind heute für das Auge wesentlich besser verträglich als früher. „Die modernen weichen Linsen haben einen Wassergehalt von über 70 Prozent“, sagt Annegret Drüke von einem anderen der vier Contactlinseninstitute in Bremen. Wenn die Linse nicht in Feuchtigkeit liegt, schrumpft sie wie eine Rosine zusammen. Daß weiche Contactlinsen für das Auge schädlich seien, könne man nach Drüke's Meinung nicht sagen. Die Schädigungen treten nur durch vernachlässigte Reinigung auf. Schmutzige Linsen seien ein hervorragender Nährboden für Bakterien und Pilze, die dann zu Bindehautentzündungen führen können.

Um diesem Problem zu begegnen, gibt es die „Wegwerflinse“. Sie ist für Menschen (aus Sicht der Optiker „Problemfälle“) konzipiert, die ihre Linsen - aus welchen Gründen auch immer - nicht pflegen. Jede oder jede zweite Woche bekommt man eine neue Linse und zahlt dafür ab 480 Mark im Jahr. Das Linsen-Austauschsystem gibt es auch für längere Zeiträume: den drei-Monatstausch oder den 6-Monatstausch. Eines der Contactlinsen-Institute schwört auf das 6-monatige Austauschsystem, da es optimalen Schutz vor Abnutzung und Verschmutzung biete. Vivianne Agena

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