■ MediaBazaar: Esel-TV in Hamburg?
Die Claims im Privatfernsehgeschäft sind weitgehend abgesteckt. Neben den drei großen RTL, Sat.1 und Pro7 vegetieren alle anderen vor sich hin. Da ist es nicht verwunderlich, daß sich die Medienmanager nach neuen Marktlücken und Abspielplätzen umsehen. Regionales terrestrisches Fernsehen ist das neue Zauberwort. Lokalnachrichten sind plötzlich nicht mehr Schattengewächs im Programmfenster der großen Sender, sondern Zukunftsmarkt im Ballungsraum.
Kürzlich hat auch die Hamburger Anstalt für Neue Medien (HAM) eine Frequenz für lokales Hamburger Fernsehen ausgeschrieben. Neben dem Springer Verlag, hat auch die CLT – Inhaberin von RTL – einen Fuß in der Tür. Aber nur indirekt; direkt bewirbt sich Versandhauserbe Frank Otto um die lokale Frequenz. Er betreibt in Hamburg den Kommerzsender OK-Radio. Die CLT fungiert lediglich als Zulieferer für den überregionalen Teil des Programms. Das macht sich besser – Stichwort: Medienkonzentration.
Auf die Entscheidung der HAM, sie ist für Mitte 1994 geplant, darf man gespannt sein. Zumal sich auch zwei alte Bekannte des Lokalfernsehgeschäfts im Rennen befinden. Die Schamoni TV-Beteiligungsgesellschaft des Ex-Filmemachers Ulrich Schamoni mit einem Sender namens I A Hamburg sowie das Fernsehen aus Berlin (FAB). FAB läuft seit längerer Zeit im Berliner Kabelnetz mit mäßigem Erfolg. Schamoni war lange Zeit Besitzer des erfolgreichsten Berliner Dudelsenders Radio Hundert,6. FAB und Schamoni sind sich nicht besonders grün: Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) hatte in ihrem Zulassungsverfahren für ein Berliner Regional-TV den FAB-Antrag abgelehnt und Schamoni lizensiert, dessen Sender sich I A Brandenburg nennt (Spott-Wort: „Esel-TV“). Mit dem Zuschlag für Schamoni treten hierzulande erstmals internationale Konzerne im regionalen Markt auf. Hauptgesellschafter bei I A Brandenburg und seinem Elbableger sind Time Warner, eines der größten Medienunternehmen der Welt, sowie die im Berliner Baugeschäft engagierte US Investgesellschaft Central European Development Company (CEDC).Martin Busche
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