„Austreten? — Nein, danke!“

■ Betr.: „ÖTV verliert Kopf und Füße“, taz vom 13.10.93

Daß interessierte Kreise des Arbeitgeberlagers ordnungspolitische Überlegungen zur Durchsetzung der Sanierungspläne anstellen und dabei einen begehrlichen Blick auf das Bremische Personalvertretungsgesetz (BremPersVG) werfen, entspricht ihrem Rollenverständnis und den sich daraus ergebenen Interessen. Allerdings dürfen das BremPersVG und die betrieblichen Interessenvertretungen nicht als Verhinderer bei der Durchsetzung von Regierungs- bzw. parlamentarischen Entscheidungen denunziert werden. Ich meine, wenn mit dem Mythos der Blockadepolitik eine Begründung für die Änderung der Mitbestimmungsrechte gesucht wird, müssen bei sämtlichen Kolleginnen und Kollegen aber auch bei den Dienststellenleitungen die Alarmglocken läuten. Offenbar gibt es immer noch Stimmen, die Mitbestimmung — ob nach dem Betriebsverfassungsgesetz oder dem Personalvertretungegesetz — grundsätzlich als Ballast beklagen. Ihnen mit Sachargumenten und Aufklärungsarbeit entgegenzutreten, nenne ich ebenso Widerstand, wie eine Demonstration gegen die Demontage von Mitbestimmungsrechten. Dies ist mir die Mitbestimmung wert. Eine versachlichte Diskussion über das Bremische PersVG muß möglich bleiben!

Zur Sache fällt beispielsweise auf, daß die Personalvertretungsgesetze anderer Bundesländer, denen es finanziell nicht viel besser geht als dem Land Bremen, eine Ausweitung der Mitbestimmungsrechte als Ausdruck von Demokratie im Arbeitsleben vorsehen. Dort ist eigentlich schon die Frage beantwortet, inwieweit sich der öffentliche Areitgeber bei der Lösung der anstehenden Probleme verstärkt auf die kompetente Mitarbeit seiner betrieblichen Interessenvertretungen stützen will oder ob er auf Eingriffe in die Mitbestimmung und damit auf Durchsetzungsstrategien — an den Kolleginnen und Kollegen vorbei — setzt. Es gibt Möglichkeiten, das BremPersVG zu verbessern; so z.B. ist die Sicherstellung eines adäquaten Frauenanteils in den Personalräten schon seit langem Forderung der Interessenvertretungen. Auch das gerade geänderte Auszählverfahren der Sitze muß — wie sich herausgestellt hat — neu überdacht werden. Ich meine auch, daß bei den Gewerkschaften und Personalräten, die sich derzeit in einer facettenreichen und nicht widerspruchsfreien Auseinandersetzung über die Zukunft betrieblicher und überbetrieblicher Interessenvertretungen befinden, die Bereitschaft deutlich wird, im Rahmen von Mitbestimmung auch mizugestalten und mitzuverantworten. Aus den Diskussionen um das BremPersVG sollte sich niemand verabschieden — schon lange nicht durch Austritte aus der Gewerkschaft! Jürgen Schmidt, Gesamtpersonalrat