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Allergien: „Waldsterben auf der Haut“

■ Allergiker-Bund eröffnet Geschäfts-stelle in Hamburg / Allergien nehmen zu

Für alle, die im Frühjahr wieder Rotz und Wasser schniefen, weil sie an Heuschnupfen leiden, ist Oktober die richtige Zeit, etwas dagegen zu tun. Mit Hilfe der sogenannten Hypo-Sensibilisierung, der allmählichen Gewöhnung an die krankmachenden Substanzen, kann der lästige Schnupfen schon in der nächsten Pollensaison spürbar abgeschwächt werden. Diesen Ratschlag erteilt der deutsche Allergiker- und Asthmatikerbund, der seit gestern auch eine Geschäftsstelle in Hamburg betreibt.

Der vor gut 100 Jahren gegründete Patientenverband – damals unter dem Namen Heufieberbund – hat bundesweit 18.000 Mitglieder. Viel zu wenig, denn „25 bis 30 Prozent aller Deutschen leiden an allergischen Reaktionen“, sagte der Bundesvorständler Karl-Gerhardt von Hippel bei der gestrigen Eröffnung. Allergien haben in den vergangenen Jahrzehnten rasant zugenommen. Sie seien sozusagen das „Waldsterben auf der Haut“. Seit 1973 gibt es eine Verdoppelung von Asthma-Erkrankungen, eine 70prozentige Zunahme von Heuschnupfen und eine 150prozentige Zunahme von Ekzemen. Von Asthma bronchiale sind etwa 10 bis 15 Prozent aller Kinder betroffen.

Das Büro des Hamburger Landesverbands am Schloßmühlendamm 14 in Harburg hat dienstags bis donnerstags geöffnet und bietet neben Beratung, Vorträgen und Kursen (zum Beispiel Autogenes Training) auch eine „Helpline“ an. Unter der Telefonnummer 765 87 36 beantwortet dann alle 14 Tage dienstags ein Allergologe die medizinischen Fragen der Betroffenen.

Der Allergikerbund, der sich aus Mitgliedsbeiträgen finanziert, versteht sich auch als politischer Interessenverband. So fordert er die vollständige Deklarationspflicht für Nahrungsmittel und ein Verbot von gentechnisch erzeugten Lebensmitteln. Denn Nahrungsmittelallergie werde als Auslöser von Krankheitsbildern stark unterschätzt, betonte gestern der Allergologe Dr. Müller. Auf Magen-Darm-Erkrankungen spezialisierte Großkliniken hätten so gut wie keine spezialisierten Ärzte, was eine hohe Zahl von Fehldiagnosen zur Folge hätte: Ein Soldat mit Tomatenallergie sei im Bundeswehrkrankenhaus mit so vielen tomatenhaltigen Substanzen getestet worden, daß er in einen anaphylaktischen Schock verfiel – ein Kreislaufzusammenbruch, der auch Todesfolge haben kann. Kaija Kutter

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