Asbest-Angst vertreibt

■ Hopfenhof-Passage: Übles Spiel mit Ladenmietern?

Als Karin M. im Sommer vergangenen Jahres das kleine Blumengeschäft in der Hopfenhof-Passage am Rödingsmarkt übernahm, ging für sie ein Taum in Erfüllung. Doch bald wurde die berufliche Selbständigkeit zum Alptraum. Seit Anfang des Jahres zogen immer mehr ihrer Nachbarn aus, bis nur noch drei Läden übrig waren. Die Passage wurde unattraktiver, viele Kunden blieben weg. Erst von anderen Geschäftsinhabern erfuhr sie, daß das Gebäude mit Spritzasbest belastet sei.

Die Verwalterfirma hatte davon bei der Unterzeichnung des Mietvertrages nichts gesagt. Als Karin M., deren Umsatz um mehr als 30 Prozent sank, aus Protest gegen das in ihren Augen unlautere Verhalten klagte und die Miete nicht mehr zahlte, flatterte ihr prompt eine fristlose Kündigung ins Haus. Heute soll das Gericht klären, wieviel die Verwalterfirma Jones Long Wootton von dem Asbest wußte.

Tatsache ist, daß bereits seit Sommer 1992 regelmäßig Schadstoffmessungen in der Hopfenhof-Passage stattfanden. „Mir hat einer von der Firma, die die Messungen durchführt, gesagt, daß es sich um Asbest-Untersuchungen handelt“, so ein Geschäftsinhaber. Davon muß auch die Verwalterfirma gewußt haben. Das jedenfalls läßt sich aus einem Schreiben der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales an die Anwälte von Karin M. schließen. Dort heißt es wörtlich: „So ist dem Amt für Arbeitsschutz bekannt, daß in verschiedenen Gebäudeteilen vorhandene asbesthaltige Beschichtungen versiegelt bzw. entfernt wurden ... Ein Sanierungskonzept wurde erarbeitet und liegt seit 1988 der Verwaltungsgesellschaft vor“.

Der damalige Verwalter, die Müller-Management GmbH bestreitet dies. Doch bereits zwischen 1986 und 1988 sind in einigen Teilen des Gebäudes Asbestsanierungen durchgeführt worden. Danach lag die Asbestbelastung nach Auskunft der zuständigen Behörden unterhalb der Gesundheitsgefährdung. Mittlerweile jedoch scheint der jetzigen Verwalterfirma die Angst der Mieter vor einer Asbestverseuchung gerade recht zu kommen. „Nachdem nach und nach andere Firmen auszogen, erklärte uns die Wootton am 24.2. dieses Jahres, daß die Anlage sowieso ab 1.7.1994 auf behördliche Anweisung geschlossen werden müßte“, so einer der Geschäftsinhaber. Von einer derartigen Anweisung aber ist weder der Baubehörde noch der Bauprüfabteilung des zuständigen Bezirksamtes Mitte etwas bekannt.

Innerhalb der Branche weiß man allerdings, daß die Passagen-Eigentümerin, die niederländische Legra Properties, schon seit geraumer Zeit versucht, den Gebäudekomplex loszuwerden. „Wir vermuten, daß da nicht nur saniert, sondern auch gleich modernisiert werden soll. Uns will man da jetzt billig raushaben“, so ein Geschäftsinhaber. Abwegig scheint dieser Gedanke nicht: Denn seit knapp einem Jahr liegen für die Hopfenhof-Passage mehrere Bauanträge vor, auch einen Bauvorbescheid soll es bereits geben. Die Firma Jones Long Wootton hüllt sich in Schweigen. Sie wollte der taz gegenüber keinerlei Stellung zu den Vorwürfen nehmen. Sonia Shinde