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Betr.: "Ein glaubenloser Jude" von Henry M. Broder, taz vom 16.10.93

Broder benutzt den Todestag von Jean Améry für seine Rundumschläge gegen die Linke. Man hat den Eindruck, daß persönliche Rechnungen beglichen werden, wenn er von der Meinung eines Zeitungsherausgebers spricht oder davon, daß in der Redaktion einer Kölner Zeitung Sekt getrunken wurde. Was hat dies mit einem Bericht über Améry zu tun? Wenn Jean Améry zitiert wird, ist auch Differenziertes zu lesen, ansonsten ist der Artikel in weiten Teilen die völlig undifferenzierte Meinung von Broder, so zum Beispiel auf Seite 2 „Linke haben ... eine Abneigung gegen Juden.“ Aha! Politisches Hexen(!)einmaleins ist es, nach Broder, daß „Israel in der linken Mythologie (sic!) ein ,reaktionäres‘ Land ist.“ Herr Broder, warum reaktionär in Anführungszeichen? Wollen Sie Israel anders verstanden wissen? Etwa progressiv? Israel ist für H. M.Broder unantastbar. Jede Kritik ist Antisemitismus.

Die Militärs in Guatemala haben überraschend viele israelische Waffen. Bin ich Antisemitin, wenn ich das kritisiere? Interessieren würde mich, wie der Autor Menschen bezeichnet, die als BürgerInnen Israels ihre eigene Regierung kritisieren!

Der ganze Artikel ist geprägt von einem Sarkasmus und Zynismus, der gipfelt in dem Abschnitt, in dem Broder schreibt, daß die Linke den Antisemitismus salonfähig gemacht habe, und weiter, „daß die Linke dabei selbst völlig auf den Hund gekommen ist (...), daß er die Antisemiten noch stärker schädigt als die Juden“.

[...] Antisemitismus will ich bekämpfen. Kritik an der Politik Israels, bisher habe ich das als Antizionismus verstanden, will ich auch in Zukunft äußern (dürfen). M.Link, Heidelberg

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