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■ Heckelmanns FeigenblattLieb, liberal, folgenlos

In einem Raum der U-Bahn-Station Hallesches Tor, der von BVG-Beamten und Polizisten gemeinsam genutzt wird, hängt ein Fahndungsplakat, das mit ausländerfeindlichen Sprüchen beschmiert ist. Ein Sozialarbeiter wird darauf aufmerksam, stellt Strafanzeige. Dieser Vorfall und andere aus der jüngsten Vergangenheit zeigen: Offenkundig gibt es nicht wenige Beamte bei der Berliner Polizei, die rassistisches Verhalten offen dulden. Dabei gehören ausländerfeindliche Sprüche noch zu den harmloseren „Scherzen“, mit denen sich rechte Polizisten Luft verschaffen. Gerade in letzter Zeit haben sich die Vorkommnisse gehäuft, in denen sich Ausländer über gewalttätige Beamte beschwerten. Was den Betroffenen in allen Fällen übrigblieb, war der Gang zu den Medien. Nur der Druck der Öffentlichkeit zwang den Apparat, den Vorwürfen zu begegnen: verbal – passiert ist nichts.

Aus der tristen Wirklichkeit eines offenbar falsch verstandenen Korpsgeistes läßt sich nur eine Schlußfolgerung ziehen: Die Berliner Polizei braucht endlich einen Ausländerbeauftragten, der diesen Namen verdient und mit rechtlichen Kompetenzen ausgestattet ist. Zu den Befugnissen gehören auch Nachforschungen innerhalb des Apparats. Die alte Forderung, von der Türkischen Gemeinde zu Berlin erhoben, wurde bislang nicht eingelöst. In geschickter Manier präsentierte Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) vor einigen Monaten der Öffentlichkeit dagegen einen „Koordinator für polizeiliche Anliegen ausländischer Mitbürger“. Der Mann mit dem langen Titel ist nicht zu beneiden. Er ist das Feigenblatt von Heckelmann: ein polizeilicher Seelsorger – lieb, liberal und folgenlos. Severin Weiland

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