: Mammon-Küsse
■ Geld für Kammerspiele / Noch Hoffnungen für das JAK
Stephan Barbarinos süddeutscher Optimismus scheint die Hamburger Kultursenatorin Christina Weiss weit mehr als anderes froh zu stimmen. Anders ist es nicht zu erklären, daß die Chefin der Kulturbehörde in diesem Jahr schon zum zweiten Mal einen sechsstelligen Produktionszuschuß in die Kammerspiele gibt. Aus dem Feuerwehrtopf der Senatorin werden Barbarino 244.000 Mark für die nächste Produktion, das jüdische Melodram „A Brivele der Mamen“ (nach dem Film von Joseph Green) überwiesen. Bereits für die letzte Produktion der Music Theatre Londons hatte die Behörde eine Ausfallbürgschaft von 300.000 Mark bereitgestellt, von der 50.000 in Anspruch genommen wurden.
Spekulationen der Morgenpost, diese außerplanmäßige Zuwendung sei für die Liquidität des Theaters lebensnotwendig, folglich handele es sich hierbei um geduldete Konkursverschleppung, wiesen sowohl die Kulturbehörde wie Barbarino zurück. „Das ist totaler Quatsch“, so der Theaterleiter, „ich bin, ganz im Gegenteil, ausgesprochen guter Dinge, daß es mit den Schulden bis zum Ende der Spielzeit sehr viel positiver aussieht.“
Die Kammerspiele hatten bis Mitte des Jahres 500.000 Mark Schulden angehäuft. Seitdem hat sich die Platzausnutzung von 48 auf 60 Prozent erhöht. Auch ohne den jetzt bewilligten Produktionszuschuß würde man „gut über die Runden“ kommen. Ende des Jahres werde man eine Jahresbilanz präsentieren, um endlich das Image eines „Bankrott-Theaters“ zu verlieren. Sicherlich werde man auch bis zum Ende der Spielzeit die Schulden „nicht auf Null“ bringen, aber das könne schließlich kein Privattheater.
Weitere aktuelle Anträge (von denen Barbarino nach eigenen Angaben knapp 30 im Jahr bei der Behörde einreicht) für die Instandsetzung des Foyers (28.000 Mark) und die Umwandlung des Logensaals in eine weitere Bühne (120.000 Mark), kommen nach Aussage von Kulturbehörden-Sprecher Hinrich Schmidt-Henkel nächste Woche in den Senat, da es sich hier um Investitionsmittel handelt, die die Behörde nicht allein genehmigen kann.
Der Vergleich mit dem Jugendtheater auf Kampnagel (JAK), dessen chronische Unterfinanzierung auch nach dem Rücktritt des Leiters Jürgen Zielinski noch auf der Tagesordnung steht, hält Christina Weiss für unzulässig: „Aus dem Feuerwehrtopf“, so die Senatorin „kann ich nur Projektanträge bewilligen, keine Investitions-Maßnahmen.“
Sie habe um ein Gespräch mit Zielinski gebeten, in der Hoffnung, die Situation noch zum Besseren zu bewegen. Wenn Zielinski nicht „die Tür endgültig zuschlägt“, bleibe es für sie „eine offene Sache“. Eine besser Ausstattung hält sie durch Mäzene und Stiftungen durchaus für möglich, für eine formale Verselbständigung sieht sie allerdings „keine Chance“.
Till Briegleb
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