: 6.000 zusätzliche Sozialhilfeempfänger?
■ Bonner Sparpaket verunsichert Langzeitarbeitslose / Der große Schritt zur kleinen Stütze
Bremens Langzeitsarbeitslose sind verunsichert, in den Arbeitslosen-Beratungszentren laufen die Telefone heiß: „Muß ich im nächsten Jahr Sozialhilfe beantragen?“ Anlaß für diese Sorge sind die Sparvorschläge der Bundesregierung, die unter anderem die Streichung von Arbeitslosenhilfe nach einer Bezugsdauer von zwei Jahren vorsehen.
„Das Inkrafttreten dieser Neuregelung droht tatsächlich zum 1.1.94“, bestätigt Gertrud Janzer- Bertzbach, Referentin für den Bereich Sozialhilfe im Ressort Soziales. Möglicherweise wird es dann aber verzögert erst ab 1. April gelten. Zwar hat dem Gesamt-Sparpaket der Bundesregierung, das umfassende Einschnitte im Sozialbereich bis hin zur Senkung der Sozialhilfe vorsieht, bislang nur der Bundestag zugestimmt. Aber die darin enthaltene Sozialhilferegelung für Langzeitarbeitslose gehört zu den am wenigsten umstrittenen Punkten.
Auch wenn den 10.827 BezieherInnen von Arbeitslosenhilfe in Bremen die Fragen unter den Nägeln brennen — das Bremer Arbeitsamt hält sich vorerst bedeckt: Das Gesetz sei noch nicht verabschieet, ins Blaue hinein könne man nicht planen. Wieviele BremerInnen von der Neuregelung direkt betroffen sind, hat das Arbeitsamt also nicht ermittelt. Aufgrund eines Kurzberichts des Instituts für Arbeitsmarktforschung muß jedoch angenommen werden, daß zum April '94 rund 6.000 Personen in Bremen aus der Arbeitsförderung ausscheiden müßten. Das Sozialressort schätzt eine Zahl von knapp über 5.000 zusätzlichen SozialhilfeempfängerInnen.
Für Thomas Beninde vom Arbeitslosenzentrum Grenzstraße wäre es „ein Hammer“, wenn das Gesetz durchkäme. Dennoch weisen die BeraterInnen schon mal darauf hin, inwiefern sich Sozialhilfebezug von Arbeitslosenhilfe unterscheidet: Wer von Sozialhilfe lebt, darf beispielsweise kein Auto besitzen. Und wer mehr als 2.500 Mark auf dem Konto hat, gilt noch nicht als bedürftig, muß eine Weile von diesem Geld leben. Bei der Arbeitslosenhilfe liegt diese Vermögensgrenze noch bei 8.000 Mark. Auch wer vorher mit Arbeitslosenhilfe noch studieren durfte, muß nun den Griffel aus der Hand legen. Und auf BSHG-19 Stellen können die Betroffenen vorerst nicht spekulieren: Der einjährige Sozialhilfebezug ist Voraussetzung, um am Programm teilnehmen zu können. ede
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